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Ressourcenschonende Milch- und Fleischproduktion
Die Schweiz ist ein Grasland, prädestiniert für eine ressourcenschonende, tiergerechte Milch- und Fleischproduktion
Stattdessen setzt die Schweizer Milch- und Fleischproduktion immer mehr auf eine ineffiziente und teure Hochleistungsstrategie, die nur mit grossen Mengen an importierten Futtermitteln, mit viel Technik und Medikamenten funktioniert. Überproduktion und Umweltschäden sind die Folgen. Die Entwicklung wird von der Politik mit vielfältigen Fehlanreizen befördert. Für die Umwelt, das Tierwohl und das bäuerliche Einkommen eine fatale Sackgasse.
Die Schweiz hätte einzigartige Bedingungen für eine nachhaltige, graslandbasierte Produktion. Eine Tierhaltung, die sich auf die eigene Futterbasis und auf eine weitgehende Weidehaltung besinnt, hätte viele Probleme , in die sich die Landwirtschaft in den letzten Jahren hineinmanövriert hat, gar nie verursacht. Die Tiergesundheit wäre besser, der Antibiotikaverbrauch geringer, die Milch nachweislich gesünder, die enormen Umweltbelastungen der heute stark überhöhten Tierbestände ginge zurück, die zu hohen Kosten würden gesenkt und der Milchmarkt von seinen futterimportbedingten Milchüberschüssen entlastet, was wieder höhere Produzentenpreise für Milch ermöglichen würde.
Mit Studien, Vorzeigebetrieben und einer aktiven Medien- und Politikarbeit hat Vision Landwirtschaft wiederholt aufgezeigt, dass es funktionierende und naheliegende Alternativen zu den heutigen Fehlentwicklungen gibt.
Nicht zuletzt geht es um das Einkommen der Bauernfamilien. Unsere Studien zeigen: Dieses würde markant steigen, würde sich Politik und Landwirtschaft wieder auf die eigenen Ressourcen besinnen und auf eine weide- und graslandbasierte Produktion mit tiergerechten Leistungen statt Höchstleistungen setzen.
Die Stickstoff- und Phosphoreinträge der Landwirtschaft in die Umwelt sind viel zu hoch. "Sie schädigen Gesundheit, Biodiversität, Wälder und Gewässer in der Schweiz massiv", schreibt die Akademie der Naturwissenschaften SCNAT in einem neuen Factsheet und fordert das Parlament auf, jetzt endlich zu handeln.
Zum Hintergrund: Das Parlament behandelt derzeit eine parlamentarische Initiative, die genau dies vorhat und einen verbindlichen Nährstoff-Absenkpfad vorschlägt. Der Ständerat und die vorberatende Kommission des Nationalrates haben dieser Initiative allerdings die Zähne bis zur Unkenntlichkeit gezogen.
Federführend in diesem Trauerspiel war die CVP, die im Verbund mit der FDP vor den unglaublichsten Fehlinformationen im Parlament nicht zurückschreckte und damit offensichtlich eine Mehrheit herbeiführen konnte, um die parlamentarische Initiative ins Leere laufen zu lassen.
Dies kann der Nationalrat im Plenum am 2. Dezember noch korrigieren. Vision Landwirtschaft setzt sich an vorderster Front dafür ein, dass dieser Kraftakt gelingt.
Rund ein Viertel des von Brasilien exportierten Soja stammt aus illegal abgeholzten Urwald. Das ist viel mehr als bisher angenommen, wie neue Analysen zeigen. Die Schweizer Landwirtschaft importierte 2019 für die hiesige Tierproduktion eine Viertel Million Tonnen Soja, davon die Hälfte aus Brasilien, die andere Hälfte aus Osteuropa.
Für diese riesigen Mengen werden im Ausland Ackerflächen benötigt, die rund einem Viertel der Ackerfläche in der Schweiz entsprechen. Zwar ist ein Grossteil des importierten Sojas "zertifiziert", so dass es vermutlich nicht direkt aus illegal abgeholzten Flächen stammt. Doch der Sojamarkt ist ein System mit kommunizierenden Röhren. Solange nur wenige Länder "zertifiziertes" Soja kaufen, ist die bremsende Wirkung auf die Abholzung gleich Null. Dasselbe gilt für osteuropäisches Soja.
Rund 80% der Kalorien, die in einem "Schweizer" Poulet oder "Schweizer" Ei stecken, stammen aus importierten Futtermitteln, vor allem Soja. Beim Schweinefleisch sind es rund 50%. Wer die katastrophalen Auswirkungen des Sojaanbaus auf den Amazonas-Regenwald im Auge hat, wird den Konsum von Poulet, Eiern und Schweinefleisch auch aus sogenannt "Schweizer Herkunft" wohl weitgehend drosseln.
Viele versuchen derzeit, aus der Corona-Krise Profit zu schlagen. Auch der Bauernverband SBV nutzt die aktuelle Situation aus. Er will die Bemühungen des Bundes torpedieren, mit der Agrarpolitik 2022+ eine wenigstens etwas ökologischere Landwirtschaft zu fördern, wie die NZZ aufzeigt. Seine Argumentation: In Krisenzeiten bräuchten wir eine möglichst hohe Inlandproduktion, und dies selbst auf Kosten der Ökologie. Doch das Gegenteil ist richtig.
Schon heute produziert die Schweizer Landwirtschaft viel zu intensiv und extrem ineffizient. Beispielsweise importiert sie für die Produktion einer Nahrungsmittelkalorie 2 Kalorien Erdöl aus dem Ausland. Dazu Unmengen an Futtermitteln, Dünger, Pestiziden etc. Das ist das Gegenteil einer produzierenden Landwirtschaft. In Zukunft müssen wir weniger produzieren, dafür nachhaltiger und mehr aus dem eigenen Boden. Weniger ist mehr.
Die heutigen überhöhten Erträge machen unsere Landwirtschaft nicht nur extrem abhängig vom Ausland. Sie schädigen darüber hinaus den Boden, des Ökosystem, die Biodiversität irreversibel. Wir können nur auf Kosten zukünftiger Generationen solche Erträge aus den Böden und den Tieren herausquetschen.
Eine nachhaltige Landwirtschaft ist für die Ernährungssicherheit unabdingbar. Allerdings ist sie nur mit Erträgen möglich, die 10-15% tiefer sind als das heutige überhöhte Produktionsniveau in der Schweiz.
Aber deswegen müssen wir noch längst nicht mehr aus dem Ausland importieren. Allein mit einer Reduktion des Foodwaste können wir den Selbstversorgungsgrad kurzfristig um 20% erhöhen und die ökologisch unumgängliche leichte Ertragsreduktion weit mehr als kompensieren.
Nochmals ebenso viel liegt drin, wenn wir beispielsweise endlich auf das Verfüttern der enormen Mengen an Kraftfutter in der Milchproduktion verzichten. Denn 90% der Kalorien werden so vernichtet - um Überschüsse am Milchmarkt zu produzieren. Das ist eine Katastrophe, die anzugehen der SBV sich bisher geweigert hat, weil er es mit der Futterindustrie nicht verderben will. Denn sie verdient daran Milliarden jedes Jahr. Allein in der Schweiz könnte mit den in der Milchproduktion vernichteten Kalorien ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung ernährt werden.
Das sind nur zwei Beispiele, die zeigen, was mit oder ohne Koronakrise tatsächlich zu tun ist: die extreme Ineffizienz des Schweizer Ernährungssystems beheben statt noch mehr und damit noch ineffizienter zu produzieren. Untersuchungen von Vision Landwirtschaft haben gezeigt, dass sich mit kurz- und mittelfristig realisierbaren Effiziensteigerungsmassnahmen die Schweiz auch heute noch selber ernähren kann, und dies bei einer viel nachhaltigeren Landnutzunsweise.
Deshalb braucht es eine konsequente Ökologisierung und Effizienzverbesserung der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft. Es gibt enorm viel Luft nach oben, die bisher ungenutzt verpufft ist. Das können wir uns nicht länger leisten.
Agrarmedien überquellen von Inseraten und eingelegten Reklameprospekten zu Produkten, welche ein Bauer "unbedingt haben muss". An der Schweizer Landwirtschaft lässt sich gutes Geld verdienen., Sie gibt Milliarden aus für Futtermittel, Futterzusätze, Pestizide, Dünger, neue Maschinen, neue Gebäude. An der Inserateflut verdienen auch die landwirtschaftlichen Medien kräftig mit. Um die Inserenten bei der Stange zu halten, werden regelmässig grundlegende journalistische Qualitätstandards missachtet. Versteckte Firmenwerbung im redaktionellen Teil ist gang und gäbe. Damit tragen die Bauernmedien eine wesentliche Mitverantwortung für die rekordteure, heute vollständig von Direktzahlungen abhängige Schweizer Landwirtschaft.
Die Schweizer Landwirtschaft ist zu einem ökonomischen Durchlauferhitzer degeneriert. Am Markt verdient der durchschnittliche Landwirtschaftsbetrieb keinen Rappen mehr, weil er alles Geld, das er über die Produktion einnimmt, gleich wieder an die vorgelagerten Branchen weiterreicht - für Futtermittel, Dünger, Pestizide, Maschinen, Stallbauten, Tierärzte etc. etc.
Auf gut Deutsch: In der Schweiz wird mit zu vielen, oft unwirtschaftlichen Zukäufen zu intensiv und zu teuer produziert, viel teurer als im umliegenden Ausland. Die hiesige Landwirtschaft kann sich dies leisten, weil hier so hohe Direktzahlungen ausgerichtet werden - rund 5-10 Mal mehr als im umliegenden Ausland. Dank den staatlichen Zahlungen von durchschnittlich über 60'000 Franken pro Betrieb und Jahr geht die Rechnung trotz der zu vielen zu teuren und oft umweltschädlichen Zukäufen am Schluss dennoch auf.
Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung sind die Agrarmedien, die von den Inseraten der Agrarindustrie leben. Jede Bauernzeitung überquillt von Inseraten und Prospekten für Dinge, die dem Bauer angedreht werden für eine "sichere und hohe" Produktion.
Mit den Inseraten aber nicht genug. Die Interessen der Agrarfirmen haben sich auch tief eingenistet in den redaktionellen Teil der Zeitungen. Eines dieser Beispiele präsentierte kürzlich Die Grüne. In einem ausführlichen Artikel werden die grossen Vorzüge von Übersaaten für hohe Erträge im Grünland angepriesen. Dafür brauche es gutes Saatgut und gute Maschinen um es auszubringen. Beides wird im Detail vorgestellt und suggeriert, dass ohne diese Massnahmen kein zukunftsgerichteter Landwirtschaftsbetrieb mehr intensiven Futterbau betrieben könne.
Von den Kosten, welche diese Massnahmen verursachen, und der Tatsache, dass es bei gutem Wiesenmanagement ganz ohne diese Hilfsmittel geht, steht kein Wort. Dafür werden die Firmen, welche die angepriesenen Hilfmittel vertreiben, im Text mehrfach genannt.
So funktionieren die Bauernmedien immer häufiger, und so hintertreiben sie im Interesse ihrer Inserenten die Wirtschaftlichkeit der Schweizer Landwirtschaft. Nebenbei machen sie sich mitschuldig an ihren Umweltproblemen. Denn die meisten der zugekauften Vorleistungen und Hilfmittel sind schlecht für die Umwelt - auch im vorliegenden Falle: Mit dem Saatgut wird fremde Genetik eingeführt, zusätzlichen Diesel verbrannt und letztlich eine nicht nachhaltige, zu intensive Wiesenbewirtschaftung überhaupt erst möglich gemacht.
Zu hohe Stickstoffemissionen aus der Tierhaltung sind nicht nur Gift für die Biodiversität, sondern behindern auch den Holzzuwachs unserer Wälder. Dies zeigt eine neue Studie. Der kritische Wert liegt bei rund 30 kg Stickstoff pro Hektare und Jahr. Dieser Wert wird in der Schweiz vor allem in den Gegenden mit zu hohen Tierbeständen grossflächig deutlich überschritten.
Bisher galt für mitteleuropäische Wälder ein Stickstoffeintrag von über 10-20 kg/ha/Jahr als kritisch. Diese Werte würden nach wie vor gelten, schreiben die Studienautoren. Sie beziehen sich nicht auf das Baumwachstum, sondern auf die negativen Auswirkungen auf die Biodiversität, auf Flechten, Pilze und die Nitratauswaschung ins Grundwasser.
Der WWF hat die wichtigsten Milchproduktionsstandards der Schweiz verglichen. Bewertet wurden Boden & Wasser (Ressourcenverwendung), Biodiversität, Klima & Energieeffizienz, Tierwohl und Produktionssysteme, Milchviehfütterung und Soziales. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Der Umwelt- und Ressourcenschutz bleibt in fast allen Schweizer Milchlabels auf der Strecke. Nur gerade die Bio-Milch und die IP Suisse-Wiesenmilch (bei Erfüllung aller Zusatzleistungen) schneiden gut ab, am Schwanz liegt unter anderem das neu lancierte Label SwissMilk Green.
Nach jahrelangen Umweltversäumnissen in der Deutschen Landwirtschaft fordert die EU nun massive Verschärfungen in der Düngungspraxis, so unter anderem - eine flächendeckende, schlagbezogene, elektronische Erfassung der Nährstoffströme, - reduzierte Düngergaben für Hangflächen bereits ab 5% Neigung, und - verlängerte Sperrfristen für das Ausbringen von Dünger in belasteten Gebieten. Werden diese Forderungen nicht innerhalb kurzer Fristen erfüllt, drohen hohe Strafzahungen. Diese will die deutsche Politik unbedingt vermeiden. Politik und Verbände sind sich nun plötzlich über die notwendigen Verschärfungen einig.
Die Schweizer Landwirtschaft und Agrarpolitik bleiben vorläufig weit hinter den Forderungen der EU zurück. Druck macht hierzulande nicht Brüssel, sondern "das Volk". Mit einer Annahme der Trinkwasserinitiative müsste auch die Schweiz mit jahrzehntelangen Versäumnissen aufräumen und die gesetzeswidrig überhöhte Düngerbelastung von Gewässern, Böden und empfindlichen Ökosystemen deutlich senken.
"Swissmilk green" heisst das neue Label der Schweizer Milchbranche. Lanciert wurde es mit bundesrätlicher Beihilfe nach jahrelangem zähen Ringen. Handfeste ökologische Mehrleistungen sucht man bei Swissmilk green vergebens, sie waren in der Branche offensichtlich nicht mehrheitsfähig.
10 Kriterien müssen für das Label eingehalten werden. So muss bei der Biodiversität der Ökologische Leistungsnachweis eingehalten werden (was jeder Betrieb, der Direktzahlungen erhält, ohnehin muss), und alle Kühe müssen einen Namen haben. Nicht einmal eine Erfüllung des GMF-Standards (Graslandbasierte Milchproduktion) ist Pflicht. Der Blick titelte entsprechend: "Nutzloses Grün-Label macht Milch teurer"
Für Marketing hatte die Milchbranche schon immer genug Mittel, darunter Millionen an Steuergeldern. Für eine wirklich grünere (und dadurch auch kostengünstigere) Milchproduktion ist der Druck in der Branche offenbar noch zu klein.
In der Schweiz wird 20% mehr Milch produziert als der heimische Markt aufnehmen kann. Bis 2018 wurde die überschüssige Milch mittels Exportsubventionen ins Ausland abgesetzt. Rund 80 Millionen Franken Steuergelder setzte der Bund dafür jedes Jahr ein.
Da die Schweiz damit gegen die Regeln der WTO verstiess, wurde sie gezwungen, das Schoggigesetz 2018 aufzugeben. 2019 trat eine trickreiche Nachfolgeregelung in Kraft. Der Bund verbilligt nun weiterhin mit 80 Millionen Franken die Milchexporte - neu aber indirekt über ein privatrechtlich organisiertes Konstrukt. Wie die NZZ berichtet, geraten sich nun die bezuschussten Firmen und Produzenten in Bezug auf die Verteilung der Gelder in die Haare.
Die Milchexportsubventionen sind ein Paradebeispiel für verfassungs- und zielwidrig eingesetzte Steuergelder im Agrarbereich, welche die Nachhaltigkeit und Eigenständigkeit der Schweizer Landwirtschaft nachhaltig beschädigen. Wie absurd die Schoggigesetz-Subventionen sind, wird deutlich, wenn man sich klarmacht, dass die Milch-Überproduktion nicht ein Resultat unserer grünen, ertragreichen Wiesen ist, sondern eine Folge riesiger Mengen an Futtermitteln, welche die Schweiz für die Steigerung ihrer Milchproduktion u.a. aus Südamerika importiert. Die einheimische Futterbasis dagegen würde ziemlich genau zur Produktion derjenigen Milchmenge ausreichen, die der heimische Markt aufnehmen kann. Würde auf die ökologisch und wirtschaftlich ausgesprochen problematischen Futtermittelimporte verzichtet, wäre also gar kein Schoggigesetz nötig.
Der Staat fördert die Milch-Überproduktion aber nicht nur über die Exportsubventionen, sondern bereits an der Wurzel des Problems: Mit zinslosen Darlehen und hohen A-fonds-perdu-Subventionen werden systematisch überdimensionierte Stallbauten gefördert, die Tierbeständen Platz bieten, die niemals mit betriebseigenem Futter ernährt werden können. Was Wunder, wenn die Bauern diese Ställe dann auch auslasten (müssen), entsprechend Futter zukaufen und dann Jahr für Jahr ihren Beitrag an die Milch-Überproduktion leisten.
Doch auch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Wenn viel Futter auf den Betrieb zugekauft werden muss, fällt auch mehr Gülle an, als der eigene Boden eigentlich aufnehmen kann, es entstehen Nährstoffüberschüsse und hohe Ammoniakemissionen. Beides ist für Umwelt und Biodiversität in hohem Masse schädlich. Daraus entstehen millionenteure Folgekosten, für die der Steuerzahler das dritte Mal zur Kasse gebeten wird - z.B. für die anhaltende Belüftung überdüngter Mittellandseen.
Vision Landwirtschaft arbeitet solche Zusammenhänge öffentlichkeitswirksam auf und setzt sich für eine Reduktion der Agrarstützung und eine grundlegende Neuorientierung der Agrarpolitik ein.
In den Schweizer Milchviehställen wird mehr als doppelt so viel Antibiotika eingesetzt wie im übrigen Europa - und gar 17 Mal mehr als in Dänemark. Dies zeigt eine kürzlich publizierte Studie. Grund sind unter anderem die überhöhten Milchleistungen sowie erhöhte Qualitätsanforderungen in der Schweiz. Aus finanziellen Gründen würden sogar Reserve-Antibiotika eingesetzt. Die Folge: Resistente Bakterien verbreiten sich über die Milch.
Der Bund hat bisher kaum Massnahmen ergriffen, dies trotz seiner vielgerühmten Antibiotika-Strategie. Die Möglichkeiten, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren sind vielfältig, doch das Bewusstsein und vor allem geeignete Vorschriften und Anreize der Agrarpolitik fehlen.
Etwas ändern würde die Trinkwasserinitiative. Sie will, dass Betrieben, die prophylaktisch Antibiotika einsetzen, keine Direktzahlungen mehr ausgerichtet werden. Eine Forderung, die eigentlich bereits heute standardmässig umgesetzt sein sollte in unseren Milchviehställen.
In vielen Schweizer Seen finden die Fische nur noch mit Mühe genügend Sauerstoff zum Leben. Schuld daran sind die überhöhten Tierbestände in der Landwirtschaft. Die Bemühungen der Agrarpolitik, die Tierbestände zu reduzieren, haben aufgrund von Fehlanzreizen bisher versagt. Noch immer bewilligen Kantone stattdessen fast à discrétion zusätzliche Stallkapazitäten, die das Problem weiter verschärfen.
Die Zunahme der Tierbestände geht einher mit explodierenden Futtermittelimporten. Sie haben mittlerweile jedes Mass verloren und vor einigen Jahren die Grenze von einer Million Tonnen pro Jahr überschritten.
Ammoniak entweicht aus der Gülle in die Luft und bildet Feinstaub. Dieser verursacht Atemwegs- und Lungenkrankheiten. Ammoniak ist in den hohen Mengen zudem eines der gravierendsten Umweltgifte. Es überdüngt Moore und Trockenwiesen, schädigt den Wald und reduziert die Biodiversität.
Die Schweiz emittiert europaweit am zweitmeisten Ammoniak pro Fläche. Fast doppelt so viel wie gesetzlich erlaubt, und ein Vielfaches dessen, was empfindliche Ökosysteme ertragen. Grund ist eine industrielle Tierproduktion mit stark überhöhten und weiter zunehmenden Tierbeständen. Diese können längst nicht mehr mit eigenem Futter ernährt werden, sondern machen enorme Mengen an Futtermittelimporten aus dem Ausland nötig.
Zur Reduktion der Ammoniakemissionen auf ein umwelt- und gesetzeskonformes Mass müssten die zu hohen Tierbestände reduziert werden. Doch die Behörden handeln nicht. Trotz hoher Subventionen für technische Reduktionsmassnahmen stagnieren die Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft oder nehmen sogar wieder zu. Grund sind die weiterhin von den Kantonen fast ungebremst bewilligten neuen Stallkapazitäten.
Weitere Studien bestätigen, was seit Jahren bekannt, aber erst von wenigen Landwirtschaftsbetrieben umgesetzt wird: Mit einem weitgehenden Verzicht auf Kraftfutter lässt sich Milch deutlich kostengünstiger produzieren. Betriebe, die gegenüber der in der Schweiz sonst üblichen Ration fast ganz auf Kraftfutter verzichten, haben pro Liter Milch um 24-32% geringere Produktionskosten. Umgerechnet auf den Arbeitsverdienst heisst das, dass diese Betriebe damit pro eingesetzte Stunde das Doppelte verdienen.
Mit der Agrarpolitik 2014-17 wollte der Bund die kraftfutterreduzierte Produktion von Milch mit Anreizen fördern (GMF-Programm). In letzter Minute gelang es dem Schweizer Bauernverband SBV mit einer Intervention beim Bundesamt für Landwirtschaft, das GMF-Programm dermassen zu verwässern, dass es ausser administrativem Aufwand praktisch keinen Anreiz zur Kraftfutterverminderung mehr bietet.
Der Bauernverband vertritt in der Agrarpolitik in aller Regel nicht die Interessen der Bauern, sondern die Interessen der vorgelagerten Branche. Futtermühlen und Händler wie Fenaco, in welcher der Bauernverband bestens vertreten ist und die den Bauernverband mit hohen Beiträgen unterstüzten, verdienen am Kraftfuttereinkauf der Schweizer Bauern über 1,5 Milliarden Franken jedes Jahr. Dies ist der grösste Ausgabenposten der Schweizer Landwirtschaft überhaupt.
Die Schweizer Milchbranche leidet unter jahrelangen Fehlentscheidungen. Nach Aufhebung der Milchkontingentierung hat sich die Mehrheit der Betriebe für eine starke Ausdehnung der Milchproduktion mithilfe von immer mehr Kraftfutter entschieden. Neben Umweltschäden verursachte diese Strategie auch einen Zusammenbruch des Milchpreises. Statt das Problem an der Wurzel zu packen und den Kraftfuttereinsatz zu reduzieren soll nun der Konsument freiwillig mehr für Schweizer Milch bezahlen. Ob die Rechnung aufgeht? >> Mehr im Artikel im Doppelpunkt
Maximal 5 Prozent Kraftfutter sowie 100 Prozent Schweizer Knospe-Futter ab 2022: Dies hat Bio Suisse an ihrer heutigen Delegiertenversammlung beschlossen.
Mit diesen strengeren Fütterungsbestimmungen will Bio Suisse die Produktion nachhaltiger und standortgerechter machen. Der Vorstand betonte, dass die Fütterung der Nutztiere die menschliche Ernährung nicht direkt konkurrenzieren dürfe. Landwirt Martin Ott bezeichnete den Entscheid, den Kraftfutter-Einsatz einzuschränken, als überfällig. "Die Kuh hat nie Mehl gefressen, erst in den letzten 50, 60 Jahren hat man damit angefangen."
Der Einsatz von Kraftfutter zur Produktion von Milch ist enorm ineffizient. Mit dem laufend zunehmenden und weitgehend importierten Kraftfutter, das allein in der Schweizer Milchproduktion (bio und konventionell) eingesetzt wird, könnten 2 Millionen Menschen ernährt werden - das sind 25% der Schweizer Bevölkerung. Im Hinblick auf die Diskussionen um Ernährungssicherheit und angesichts der Überproduktion im Milchsektor ein ökologisch-ökonomisch-sozialer Skandal.
Vor Kurzem berichtete Saldo über die zunehmenden Gülle- und Hofdüngerexporte aus der Ostschweiz nach Österreich und selbst bis nach Norddeutschland. Offenbar sind die Tierbestände in den Kantonen Thurgau und St. Gallen so hoch, dass man kaum mehr weiss wohin mit ihrem Hofdünger. Ein findiger Transporteur hat nun aus der Situation ein eigenes Geschäftsmodell entwickelt.
Die Transportfirma Briner aus Hagenbuch bei Frauenfeld brachte jeweils kurzerhand ein Vielfaches der Güllemenge aus, wie sie von den Bauern bestellt wurde - ohne dies zu deklarieren. Dadurch geriet die Nährstoffbilanz bei vermutlich Hunderten von Bauernbetrieben durcheinander. Nun ist der Skandal aufgeflogen. Gut möglich, dass es zu weitreichenden Kürzungen von Direktzahlungen sowie zu strafrechtlichen Massnahmen kommt.
Die überhöhten Tierbestände - eine Folge des Grenzschutzes beim Fleisch und der aus dem Ruder gelaufenen Futtermittelimporte - treiben in einigen Teilen der Schweiz immer abstrusere Blüten. Vor allem über die enormen Ammoniakfrachten hat sich daraus eines der gravierendsten Umweltprobleme der Schweiz entwickelt.
PS: Würden die hohen Grenzschutzzölle beim Fleisch abgebaut, würde sich der Tierbestand in der Schweiz von selbst wieder auf ein umweltverträgliches Niveau zurückentwickeln. Eines der gravierendsten Umweltprobleme unseres Landes würde dadurch ohne Subventionen von selbst gelöst.
2,3 Millionen Tonnen Mist und Gülle, das sind 77'000 grosse Lastwagenladungen, werden jedes Jahr quer durch die Schweiz gekarrt, weil die Futtermittelimporte auf viele Höfe und die damit gefütterten überhöhten Tierbestände jedes Mass verloren haben. Sie produzieren so viel Gülle und Mist, dass diese sogar nach Norddeutschland exportiert werden, wie das Konsumentenmagazin Saldo berichtet.
Mit Landwirtschaft als Primärproduktion, mit geschlossenen Kreisläufen und einer ressourcenschonenden Produktion hat das nichts mehr zu tun, mit industrieller Tierproduktion, unsinnigen Transporten und viel zu hohen Ammoniakemissionen dagegen schon.
Die überhöhten Tierbestände sind übrigens nur wegen des starken Grenzschutzes überhaupt rentabel. Würden die Zölle gesenkt, würden sich viele gesetzeswidrigen Umweltprobleme von selbst lösen.
Mit «Di fair Milch Säuliamt» beschreiten die Milchbauern im Südwesten des Kantons Zürich einen neuen Weg für einen höheren Milchpreis. Sie vermarkten ihre eigene, regional verarbeitete Milch selber. Die Landi Albis nimmt ihre Milch in ihren 11 Volg-Läden ins Sortiment auf. Die Bauern erhalten zwischen 75 bis 80 Rappen je Kilo. Das ist gut 20 Rappen mehr als derzeit üblich, und fast so viel wie für Bio-Milch.
Ein mutiger Weg. Ob die Rechnung aufgeht, ist fraglich, denn einen eigentlichen Mehrwert bietet die Milch nicht. Nicht einmal die Bundesanforderungen der Graslandbasierten Milch- und Fleisch-Produktion (GMF) müssen die Produzenten einhalten.
Die Diskussion um die intensive Milchproduktion mit immer höheren Milchleistungen, immer mehr importiertem Kraftfuttereinsatz und immer mehr Schäden an der Umwelt ist mittlerweile auch bei den Konsumenten angekommen. "Di fair Milch Säuliamt" gibt darauf jedenfalls keine Antwort.
Ein Tierarzt packt aus und bringt die Schweineproduktion und an ihr verdienende Firmen wie fenaco in ein schiefes Licht. Schweineställe seien Brutstätten für antibiotikaresistente Bakterien, auch weil in der EU längst verbotene Mittel in der Schweiz noch immer eingesetzt werden dürften.
Immerhin: Der Antibiotikaeinsatz ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Doch viel bleibt noch zu tun.
Eine Halbierung des Kraftfuttereinsatzes erhöht die Milchleistung pro Kuh und die Produktivität der Milchproduktion. Dies das Resultat eines Versuchs in Süddeutschland, an dem u.a. der Forschungsbetrieb Aulendorf und die Universität Hohenheim mitgewirkt haben.
Der Bericht stellt einleitend lapidar fest: "Es ist unklar, welche Konsequenzen eine Verminderung des Kraftfuttereinsatzes hätte." Offenbar erfolgte die laufende Steigerung des Kraftfuttereinsatzes in den vergangenen Jahrzehnten ohne wissenschaftliche Grundlage und aufgrund von Hypothesen, die sich als grundlegend falsch herausstellen könnten.
Gemäss den vorliegenden Versuchsresultaten jedenfalls ist die Milchleistung bei einer Reduktion des Kraftfuttereinsatzes von 250 auf 150 gr pro Liter Milch tendenziell angestiegen. Das geringere Kraftfutterangebot wurde durch eine täglich um 1,8 kg höhere Aufnahme von Grobfutter weitestgehend kompensiert, sodass die kalkulierte Grobfutterleistung um 2159 kg Milch pro Kuh und Jahr höher war.
Was Vision Landwirtschaft 2016 in einem Faktenblatt aufgezeigt hat, bestätigte jetzt Agroscope mit detaillierten Betriebsanalysen: Milchproduktion könnte auf vielen Schweizer Betrieben deutlich effizienter, umweltschonender und rentabler betrieben werden, wenn weniger Kraftfutter gefüttert und die Weidehaltung ausgebaut würde. Dazu eignen sich aber die Hochleistungsrassen wenig. Dies ist mit ein Grund, warum erst eine kleine Minderheit von Bauern auf diese Weise Milch produziert. ECO berichtet in einem Beitrag über die Bemühungen, einen "neue Schweizer Kuh" zu züchten.
Die seit langem erwartete Evaluation des 2014 eingeführten Direktzahlungs-Programms für Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) liegt nun öffentlich vor.
Die Wirkung des Programms auf eine Senkung des Kraftfuttereinsatzes erwies sich gemäss der Studie der Agroscope wie erwartet als gering. Der Kraftfutteranteil ging um knapp einen Prozentpunkt zurück gegenüber Betrieben, die nicht am Programm teilnahmen.
Was dies hinsichtlich der ökonomischen Effizienz bedeutet, ist rasch berechnet (im Evaluationsbericht sucht man diese Angabe vergeblich): Ein Kilo reduziertes Kraftfutter kostete den Steuerzahler rund 2 Franken - mehr als das Doppelte des Kraftfutter-Marktpreises selber.
Insgesamt habe gemäss Selbstauskünften nur etwa ein Viertel der am Programm teilnehmenden Bewirtschafter ihre Fütterung angepasst, wobei es bei der Gruppe der Milchbetriebe immerhin rund die Hälfte war.
Kritisch wird im Bericht die mangelhafte Kontrollierbarkeit des Programms beleuchtet.
Trotz GMF-Programm nimmt in der Schweiz der Kraftfutterimport weiter zu, wie die neuesten Agristat-Zahlen zeigen.
Damit bestätigten sich die grundlegenden Schwachpunkte , welche Vision Landwirtschaft bereits bei der Einführung gegenüber dem GMF-Programm kritisierte. Das GMF-Programm ist in der gegenwärtigen Form schlicht nicht zielführend. Es verursacht beträchtlichen administrativen Aufwand praktisch ohne Wirkung. Dem Programm wurden damals, quasi in letzter Minute kurz vor dessem Einführung, aufgrund massivem Druck aus der Milchbranche die letzten Zähne gezogen. Dadurch ist eine Art neuer Tierbeitrag entstanden, der keinen Beitrag an eine marktnähere und nachhaltigere Milch- und Fleischproduktion leistet.
Vision Landwirtschaft hat zusammen mit externen Experten einen verbesserten GMF-Vorschlag erarbeitet, der einen wirksamen Anreiz in die angestrebte Richtung gibt, administrativ viel weniger Aufwand verursacht und bei dem die Kontrollierbarkeit tatsächlich gegeben ist.
Was ist los mit der Schweizer Landwirtschaft? Am gleichen Tag, an dem die Handelszeitung auf einer ganzen Seite über den "Milch-Irrsinn" berichtet, titelt die WOZ "Der Hühnerwahnsinn". Schaumschlägerei? Die dargestellten Fakten genügen, dass einem Durst und Hunger nach Schweizer Milch oder Schweizer Poulets vergehen. Ob Bio oder konventionell ist tendenziell zunehmend einerlei.
Wie soll man sich eigentlich noch ernähren? Was verantwortungsvoller Konsum heisst, berichtet Vision Landwirtschaft in einem der nächsten Newsletter. Das Schöne schon vorab: Es gibt viele Alternativen - bezahlbare, wohltuende, nachhaltige. >> Zum Artikel in der WOZ
In der Schweiz wären alle Voraussetzungen erfüllt, um Milch nachhaltig und von besonderer Qualität zu produzieren. Doch die Entwicklung läuft seit Jahren in die gegenteilige Richtung: Immer höhere Milchleistungen mit immer grösseren Kraftfutterimporten aus dem Ausland. Das Resultat: Umweltprobleme, ein tiefer Milchpreis und zu hohe Produktionskosten. Eine schlechtere Strategie für die Milchbauern und die Umwelt ist schwer vorstellbar. Dafür steigen die Umsätze der Futtermittelhändler und die Margen des Handels. Die Handelszeitung leuchtet die absurde Entwicklung aus. >> pdf
160 Millionen Franken könnten die Schweizer Milchbetriebe mehr verdienen, wenn sie weniger Kraftfutter einsetzen und ihre Kühe vermehrt weiden lassen würden. Dies zeigte eine Studie von Vision Landwirtschaft. Ein TV-Beitrag von SRF portraitiert einen Betrieb, der diese Möglichkeiten konsequent nutzt. Vor kurzem stellte nun auch die erste Landwirtschaftsschule der Schweiz ihren Betrieb auf dieses Konzept um. Nach Jahrzehnten, in denen in der Milchproduktion die ökologisch und für das Tierwohl problematische Hochleistungsstrategie gepredigt wurde, eine kleinen Revolution. >> Zum TV-Beitrag
Wenn die Nutztiere im grossen Stil nicht mehr dort gehalten werden, wo ihr Futter wächst, entstehen vielfältig Umweltprobleme. Die Schweizer Landwirtschaft ist bei dieser Entwicklung ganz vorne mit dabei.
Exportieren Höfe oder Produktionsregionen Tierfutter im grossen Stil und sind keine Tiere mehr vorhanden, die Hofdüger zurück in den Boden bringen, entsteht im Boden ein Nährstoffmangel, der durch Kunstdünger wieder ausgeglichen werden muss. Dabei nimmt der Humusgehalt und die Fruchtbarkeit der Böden ab, weil im Kunstdünger im Gegensatz zum Hofdünger der organische Anteil fehlt.
Und in der Schweiz, wo immer grössere Mengen an Futtermitteln auf die Bauernhöfe importiert werden (Abb. 1), entstehen entsprechende Nährstoffüberschüsse. Millionen von Kubikmetern Gülle werden heute grossräumig herumtransportiert. Die Abnahme von Gülle von Betrieben mit zu hohen Tierbeständen ist zu einem guten Geschäft geworden. Überschüssiger Hühnermist wird aus der Schweiz selbst bis nach Norddeutschland exportiert.
Doch das grösste Problem für die Umwelt sind nicht die Nährstoffüberschüsse, sondern das Ammoniak, welches durch die überhöhten Tierbestände in die Luft entweicht. Die Schweiz (ein Alpenland) gehört weltweit zu den Ländern mit den höchsten Ammoniakemissionen pro Fläche (Abb. 2). Die Emissionen liegen ein Mehrfaches über dem umweltverträglichen Mass, so dass empfindliche Ökosysteme wie Wälder, Hochmoore oder artenreiche Trockenwiesen fast überall in den tieferen Lagen der Schweiz irreversibel geschädigt werden und trotz aller Naturschutzbemühungen immer mehr ihrer Artenvielfalt verlieren. Seit bald 20 Jahren emittiert die Schweizer Landwirtschaft fast doppelt so viel Ammoniak in die Umwelt wie gemäss Umweltgesetzgebung zulässig. Auch die millionenschweren Bundesprogramme, mit welchen emissionsmindernde Verfahren finanziert wurden, haben kaum Entlastung gebracht. Denn jede Verbesserung wirde gleich durch die von den Kantonen à discrétion neu bewilligten Stallkapazitäten wieder zunichtegemacht. Damit nehmen Bund und Kantone seit vielen Jahren hin, dass das Umweltschutzgesetz und internationale Vereinbarungen verletzt werden.
Treibende Kraft hinter der Entwicklung sind finanzielle Interessen einer weit gefächerten landwirtschaftsnahen Industrie, insbesondere der Futtermittelbranche. Über redaktionelle Artikel in den Landwirtschaftsmedien (>> Beispiel Bauernzeitung), Gratisberatungen von Bauern bis hin zur Erstellung von fixfertigen Stallbauprojekten betreibt sie eine aktive Förderung neuer Stallbauten und damit langfristiger zusätzlicher Absatzkanäle.
Die Landwirtschaftspolitik kommt nicht darum herum, das gravierende Problem der überhöhten Tierbestände in den nächsten Jahren engagiert anzugehen. Vorschläge sind auf dem Tisch.
Die Hälfte der Schweizer Fleischproduktion basiert auf importierten Futtermitteln. Bei „Schweizer“ Poulets sind es gar über 70%. Die Konsumenten werden darüber im Dunkeln gelassen. Das Nachsehen haben diejenigen Produzenten, die tatsächlich Schweizer Fleisch produzieren. Und die Umwelt. Vision Landwirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Thema befasst und fordert die Politik zum Handeln auf.
(VL) Die Futtermittelimporte in die Schweiz haben riesige Dimensionen angenommen. Vor sechs Jahren wurde die Millionen-Tonnen-Grenze geknackt. Eine Million Tonnen pro Jahr: Das entspricht dem Transportgut einer Lastwagenkolonne, die vier Mal so lang ist wie die Strecke zwischen Boden- und Genfersee. Und laufend nehmen die Mengen weiter zu (Abb. 1). 1,5 Milliarden Franken geben die Schweizer Bauern heute jedes Jahr für zugekaufte Futtermittel aus, im Durchschnitt fast 30'000 Franken pro Hof. In einem durchschnittlichen "Schweizer Poulet" oder "Schweizer Ei" steckt heute über 70% Importfutter, vor allem aus Brasilien. Über alle Fleischsorgen gerechnet liegt der Importfutteranteil bei rund 50%. Mit einheimischer, standortgerechter Landwirtschaft hat das nichts mehr zu tun, dafür umso mehr mit einer ausufernden Veredelungsindustrie, die sich auf billigem Kulturland breitmacht.
Land grabbing nach Schweizer Art
Die Schweiz hat längst ein Problem mit ihren viel zu hohen Tierbeständen. Um diese füttern zu können, „bewirtschaftet“ sie im Ausland eine Ackerfläche, die grösser ist als die gesamte Ackerfläche im Inland. Das ist unethisch und äusserst umweltbelastend.
Unethisch, weil so den Bauern, welche die Futtermittel produzieren, ein grosser Teil ihrer Wertschöpfung genommen wird. Denn die Tiermast bringt viel mehr ein als der Anbau des Futters. Zudem wird in den Herkunftsländern wertvolles Ackerland für die Produktion von Tierfutter statt für die menschliche Ernährung verbraucht.
Umweltbelastend, weil die Nährstoffkreisläufe im grossen Stil unterbrochen werden, wenn die Tiere nicht mehr dort gehalten werden, wo ihr Futter wächst. Das schafft vielfältige und gravierende Umweltschäden, in der Schweiz wie in den Futtermittel-Herkunftsländern (>> Kästchen).
Aber auch wirtschaftlich geht die Rechnung nicht auf. Oder besser gesagt: Sie geht nur dank staatlicher Intervention auf. Mittels hoher Zölle schützt der Bund die inländische Fleischproduktion so stark, dass sich eine an sich unwirtschaftliche Produktionsweise auf der Basis von Futtermittelimporten rentiert. Die Zeche zahlt der Konsument mit den höheren Fleischpreisen (sofern er das Fleisch noch in der Schweiz kauft).
Risikobehafteter Stallbauboom
Der ausufernde Futtermitteltourismus hat zu einem Stallbauboom geführt. Hunderte von Hektaren wertvolles Kulturland gehen so für eine bodenunabhängige Tierindustrie verloren – das Gegenteil von Ernährungssicherheit.
Doch das ist nicht das einzige Problem für die einheimische Landwirtschaft. Zwar lässt sich derzeit mit der Importfutterveredelung reichlich Geld verdienen. Doch das Risiko ist gross. Würde der Grenzschutz – den die Schweiz nur begrenzt steuern kann – aufgehoben, würden der Futtermitteltourismus und die überhöhten Tierbestände aus rein wirtschaftlichen Gründen auf einen Schlag zusammenbrechen. All die Milliarden, welche in die neuen Ställe investiert wurden – nicht selten mit staatlichen Investitionshilfen -, könnten nicht mehr amortisiert werden. Tausende von Tiermasthallen würden in der offenen Landschaft plötzlich leer oder halbleer dastehen, Hunderte von Landwirtschaftsbetriebe müssten Konkurs anmelden.
Politik muss handeln
Bisher hat die Politik sich geweigert, auf die Entwicklung zu reagieren, trotz Vorstössen im Parlament und wiederholter Berichte in den Medien. Stallbaugesuche werden von den meisten Kantonen noch immer standardmässig durchgewunken. Die Baugesuche werden von Vertretern der Futtermittelindustrie, der Grossverteiler oder des Bauernverbandes für interessierte Bauern nicht selten kostenlos erstellt oder diesen gar aufgedrängt. Die Experten der Industrie kennen die vielen Tricks, mit denen fast jedes Stallbauvorhaben irgendwie mit der geltenden, sehr löchrigen Gesetzgebung in Einklang gebracht werden kann.
Vision Landwirtschaft setzt sich seit 2014 mit Grundlagenstudien, Medien- und Politikarbeit für eine Kursänderung ein. Eine Grenzöffnung im Fleischbereich könnte schneller kommen als erwartet. Sie würde das Problem zwar auf einen Schlag weitgehend „lösen“ – aber auch viel zerstören.
Vision Landwirtschaft plädiert deshalb für eine vorausschauende Politik, die auf folgenden Säulen beruht:
Keine Bewilligung von Ställen mit zusätzlichen Tierkapazitäten im Landwirtschaftsgebiet (>> Mediendokumentation)
Mittels agrarpolitischer Anreize sind die Tierbestände in den nächsten 10 Jahren wieder auf ein standortverträgliches Niveau zu bringen und die Futtermittelimporte unter 200'000 Tonnen pro Jahr zu senken.
Keine Subventionen mehr für Tierbestände, welche über die betriebliche Futterbasis hinaus gehalten werden. Denn Futtermittelveredelung ist eine industrielle Tätigkeit und hat nichts mit Landwirtschaft zu tun.
Einführung einer transparenten Deklaration von tierischen Produkten. Wo der Importfutteranteil mehr als 20% beträgt, ist dies zu deklarieren. Die Konsumenten sollen wissen, wann sie tatsächliches Schweizer Fleisch kaufen.
Um die Nährstoffkreisläufe zu schliessen, soll die Fleischproduktion dort erfolgen, wo das Futter für die Tiere wächst. Importiert die Schweiz weniger Futtermittel, muss sie - sofern der gegenwärtig zu hohe Fleischkonsum gleich bleibt - mehr Fleisch importieren. Doch es sind nicht nur Schweizer Bauern, die tiergerecht produzieren können. Migros hat das Versprechen abgegeben, ab 2020 nur noch Fleisch nach Schweizer Produktionsstandard zu importieren. Solange wir mehr Fleisch konsumieren, als auf dem eigenen Boden produziert werden kann, ist das die einzige einigermassen nachhaltige Lösung.
In der Schweiz und in vielen Bergregionen sind Wiesen und Weiden das Rückgrat der Landwirtschaft und der Biodiversität zugleich. Das Buch zeichnet die bewegte Geschichte des Wieslandes in der Schweiz und in Mitteleuropa detailliert nach. Ökologie, Produktivität und Typologie der Wiesen und Weiden werden allgemeinverständlich aufgearbeitet. Anhand vieler Beispiele vermittelt es praxisnah die Grundlagen für eine standortgemässe und ressourcenschonende Nutzung des Wieslandes. Einen wichtigen Stellenwert nimmt das gesamtbetriebliche Konzept eines standortgemäßen Futterbaus ein. Eine Beschreibung und ein Bestimmungsschlüssel der wichtigsten Wiesentypen runden den praxisorientierten Teil ab.
Der Autor ist Geschäftsführer von Vision Landwirtschaft.
Das Buch ist in Printform seit November 2017 vergriffen. Ab Juni 2019 ist es über alle gängigen Online-Shops (z.B. Haupt-Verlag) als eBook wieder erhältlich.
«Das Buch ist dicht bepackt mit Informationen und bietet einen umfassenden Überblick über ein zentrales Thema der Landwirtschaft.» Pro Natura Magazin
«So weit vom Naturschutz bis tief in das Herz der landwirtschaftlichen Denke und Praxis ist wohl noch kaum ein Ökologe vorgedrungen! Diese doppelte Perspektive, aus ertragskundlich-landwirtschaftlicher wie aus ökologisch-naturschutzfachlicher Sicht, macht das Buch so einzigartig.» Naturschutz und Landschaftsplanung
«Fundiert, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauert zeigt es neben den sachlichen Fakten auch den erschreckenden Verlust der Artenvielfalt auf.» Naturschutz.ch
«Es kommt ausgesprochen selten vor, dass so unterschiedliche Themen wie biologische Vielfalt, Ökologie, landwirtschaftliche Nutzung und Naturschutz in einer Publikation miteinander verknüpft werden. Dies gelingt dem Autor von «Das Naturwiesland der Schweiz und Mitteleuropas» ausgesprochen gut.» Naturschutz in Bayern
«Es ist ein schockierendes Vergnügen, sich durch das Werk des Agrarökologen Andreas Bosshard zu arbeiten. […] Das Buch ist ein Muss für fortgeschrittene, interessierte Landwirte und NaturschützerInnen.» anthos
Die Milchbauern in der Schweiz leiden unter dem Milchpreiszerfall als Folge der Überproduktion. Angesichts der Fixierung auf einen besseren Milchpreis geht leicht vergessen, dass die Kostenseite für das Einkommen ebenso ausschlaggebend ist. Die in der Schweiz dominierende Hochleistungsstrategie der Milchwirtschaftsbetriebe schneidet dabei schlecht ab. Deutlich kostengünstiger ist die graslandbasierte, weideorientierte Milchproduktion. Würde ihr Potenzial konsequenter genutzt, könnten die Produzenten mindestens 160 Millionen Franken mehr verdienen – bei gleichzeitig deutlich besserer Ökobilanz, einer Entlastung des Milchmarktes und höherem Tierwohl. Dies zeigen Zahlen des neuesten Faktenblattes von Vision Landwirtschaft.
(VL) Studien zeigten in den letzten Jahren wiederholt, dass sich Einkommen und Stundenlöhne auf Schweizer Milchwirtschaftsbetrieben durch eine Reduktion der Produktionskosten wesentlich verbessern lassen. Ein grosses Potenzial besteht in der Reduktion des Kraftfuttereinsatzes in Kombination mit einer weideorientierten Haltung anstelle der Stallfütterung.
Dass die Weidehaltung wirtschaftlich günstiger ist als die Stallhaltung, ist eigentlich naheliegend. Vollkostenrechnungen wie diejenige aus dem luzernischen "Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain" zeigen detailliert auf, welche Faktoren dazu beitragen. Die Weidehaltung erfordert keine aufwändige Futterernte und -Konservierung, die oft durch Lohnunternehmen ausgeführt wird (12 Rp./kg Milch). Sie verringert die eigenen Maschinenkosten um 4 Rp./kg Milch und reduziert den Arbeitsaufwand für die Fütterung. Zudem fallen durch den weitgehenden oder vollständigen Verzicht auf Kraftfutter weitere Kosten weg (7 bis 10 Rp./kg Milch). Ein vollständiger Verzicht von Kraftfutter ist dann möglich, wenn die Tiergenetik und das Weidemanagement auf die Weidehaltung abgestimmt sind. Aufgrund der betrieblichen Voraussetzungen ist eine konsequente Weidehaltung nach Einschätzung von Experten bei etwas mehr als einem Viertel des Schweizer Milchviehbestandes realisierbar. Der Grossteil der Milchbetriebe in der Schweiz setzt dennoch auf eine Hochleistungsstrategie mit Stallhaltung und wesentlichem Kraftfuttereinsatz. Im neuesten Faktenblatt hat Vision Landwirtschaft die Einkommensverbesserungspotenziale und die wichtigsten Umweltwirkungen untersucht, welche aus einer Umstellung auf weidebetonte Haltung in Kombination mit einem weitgehenden Verzicht auf Kraftfutter resultieren. Basis der Berechnungen bilden Studien, welche verschiedene Milchproduktionsstrategien empirisch miteinander verglichen.
Über 1000 Franken pro Kuh und Jahr mehr Einkommen
Das Einkommen aus der Milchproduktion würde sich gemäss den Berechnungen beim gegenwärtigen Milchpreis jährlich um über 160 Millionen Franken erhöhen. Für einen durchschnittlichen Betrieb mit 22 Kühen sind dies 24‘000 Franken pro Jahr. Zu erwartende positive Auswirkungen der geringeren Produktionsmengen auf den Milchpreis sind dabei noch nicht berücksichtigt, ebenso wenig weitere Kostenreduktionspotenziale.
Diese attraktiven ökonomischen Perspektiven gehen zugleich mit wesentlichen ökologischen Vorteilen und einem verbesserten Tierwohl einher. So liessen sich die aus ökologischer wie ethischer Sicht problematischen Kraftfutterimporte um 120‘000 Tonnen jährlich reduzieren, das sind über 10% des in die Schweiz importieren Kraftfutters. Gleichzeitig könnte der Stickstoffüberschuss der Schweizer Landwirtschaft, der weltweit zu den höchsten gehört, um jährlich 2‘500 Tonnen reduziert werden, was rund 10% der gegenwärtigen Ziellücke beim Umweltziel Stickstoff des Bundes entspricht. Die Abnahme der Milchproduktion um 316‘000 Tonnen oder 8% würde einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des Milchmarktes leisten.
Fehlanreize der Agrarpolitik
Dass die Vollweidestrategie und weitere, hier nicht untersuchte Optimierungspotenziale in der Schweizer Milchproduktion bisher kaum genutzt werden, liegt zu einem guten Teil an den Fehlanreizen der Agrarpolitik. Die Agrarpolitik begünstigt die Stallhaltung und den Kraftfuttereinsatz mit verschiedenen Beiträgen. So werden Finanzhilfen oft nur für überdimensionierte Stallbauten gewährt, für welche die eigene Futterfläche gar nicht ausreicht. Als Folge davon werden Futterzukäufe unumgänglich. Besonders problematisch sind auch die mengenabhängigen Subventionen. Mit den Verkäsungszulagen und Exportbeiträgen zahlt der Bund im Mittel für jedes zusätzliche Kilogramm Milch, das abgeliefert wird, 10 Rappen. Damit wird die Überproduktion direkt angeheizt. Aber auch ein Teil der Direktzahlungen – rund 15 Rappen pro Liter Milch – begünstigen direkt oder indirekt die Stallhaltung gegenüber der Weidehaltung. Zu nennen sind hier etwa die Beiträge für den Anbau von Mais und Futtergetreide. Wirksam Gegensteuer hätte das neue Programm für Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) geben können. Es ist jedoch derart verwässert worden, dass es die Fehlentwicklungen eher weiter festigt als zur Lösung beiträgt.
Viele wollen an den Milchbauern mitverdienen
Einer stärkeren Verbreitung der konsequenten Weidehaltung wirken aber auch kräftige Interessen der vorgelagerten Industrie entgegen. Kostensparende Produktionsweisen in der Landwirtschaft bedeuten tiefere Umsätze bei den Zulieferfirmen. Die landwirtschaftlichen Medien sind voll von Artikeln und Inseraten, welche die Hochleistungsstrategie und implizit die mit ihr verbundenen Investitionen als den Weg der Zukunft anpreisen. Auch in der Ausbildung und Beratung steht die Hochleistungsstrategie nach wie vor hoch im Kurs. Landwirte, die erfolgreich andere Wege einschlagen, sind bis heute Aussenseiter, die in den bäuerlichen Medien, Verbänden und Schulen kaum wahrgenommen werden.
Nicht auf eine bessere Agrarpolitik warten
Die Schweizer Milchbauern stecken als Folge des Zerfalls der Milchpreise in einer tiefen Krise. Diese wird wesentlich mitbeeinflusst durch tiefe Milchpreise in der EU und durch den nachgelagerten Handel, welcher seine Margen auf Kosten der Produzenten hochhalten kann. Die wichtigste Ursache des Preiszerfalls liegt aber in der Überproduktion. An der Überproduktion wiederum hat die Agrarpolitik einen bedeutenden Anteil. Eine Agrarpolitik, die wie heute mit verschiedenen Anreizen die Mehrproduktion fördert, ist ökonomisch und ökologisch widersinnig und nützt höchstens den vor- und nachgelagerten Branchen.
Dass sich die Politik bei der gegenwärtigen Konstellation im Parlament zu einer Behebung der Fehlanreize bewegen lässt, erscheint vorläufig unwahrscheinlich. Doch um sich auf die eigenen Ressourcen und die Stärken des Graslandes Schweiz zu besinnen und vermehrt auf Weidehaltung und eine graslandbasierte, weideorientierte Produktion zu setzen, brauchen die Milchbetriebe zum Glück die Politik nicht. Denn eine grasland- und weideorientierte Strategie verhilft unabhängig von der Politik und vom Markt zu besseren Einkommen und ergibt als positiven Nebeneffekt erst noch eine viel bessere ökologische und ethologische Leistungsbilanz. Kommt dazu, dass Milch, die auf der Basis von Grasfütterung produziert wurde, u.a. dank der anderen Fettsäuren-Zusammensetzung höherwertig und gesünder ist als Milch, für deren Produktion leistungssteigerndes Kraftfutter eingesetzt wird. Auch dieser Vorteil könnte in Zukunft offensiv in Wert gesetzt werden. Mit der Erarbeitung von Lösungsperspektiven und über Gespräche mit Branchenvertretern will Vision Landwirtschaft aktiv zu einer Bewältigung der Milchkrise beitragen. Denn die gegenwärtige Krise beinhaltet auch die Chance, dass sich die Milchbetriebe der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten bewusst werden und sich auf die eigenen Potenziale und Stärken besinnen können. Das Grasland Schweiz erlaubt eine tiergerechte, naturgemässe, gesunde Milchproduktion, die weltweit ihresgleichen sucht. Diese Qualitäten auszubauen und engagiert in Wert zu setzen dürfte der wichtigste Schlüssel für eine attraktive Zukunft der Schweizer Milchproduktion sein.
Vergleich von Hochleistungsstrategie und Vollweide mit geringem Kraftfuttereinsatz
Mehrere Studien zeigten in den letzten Jahren, dass sich Einkommen und Stundenlöhne auf Schweizer Milchwirtschaftsbetrieben durch eine Reduktion der Produktionskosten wesentlich verbessern lassen. Wichtige Möglichkeiten zur Kostenreduktion bestehen einerseits in der Reduktion des Kraftfuttereinsatzes und andererseits in der Nutzung von Weidesystemen anstelle der aufwändigen Stallfütterung.
Der Grossteil der Milchbetriebe in der Schweiz setzt heute auf eine Hochleistungsstrategie mit Stallhaltung und wesentlichem Kraftfuttereinsatz. Im vorliegenden Faktenblatt werden die Einkommensverbesserungspotenziale und die wichtigsten Umweltwirkungen untersucht, welche aus einer Umstellung auf weidebetonte Haltung in Kombination mit einem weitgehenden Verzicht auf Kraftfutter resultieren. Basis der Berechnungen bilden Studien, welche verschiedene Milchproduktionsstrategien empirisch miteinander verglichen.
Im März lag der Produzentenpreis für Molkereimilch bei 53,96 Rappen pro Kilo. Das ist der tiefste Stand seit Beginn der Milchpreis-Erhebungen durch das BLW im Jahr 1999. Schuld ist unter anderem die Überproduktion, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa, und eine gleichzeitig leicht sinkende Nachfrage. An einem kürzlich von der Branche einberufenen Milchgipfel wurden mehr Subventionen vom Bund und eine stärkere Absatzsförderung gefordert.
Gemäss Felix Schläpfer, Vorstandmitglied Vision Landwirtschaft, führen diese Vorschläge in die Sackgasse. Unumgänglich sei vielmehr eine Senkung der Milchproduktion u.a. durch eine konsequente Reduktion der Verfütterung von Kraftfutter, das grösstenteils aus dem Ausland importiert wird. Entsprechende Vorschläge wurden bisher von der Branche jedoch immer bekämpft. Bedauerlicherweise hat der Druck des Milchgipfels auf Bundesrat Schneider-Ammann gewirkt. Er liess sich zur Zusage hinreissen, die Mittel für die Absatzförderung von Frischmilchprodukten zu erhöhen. Mit Vollgas weiter in die Sackgasse lautet offenbar das Credo seines Departementes. Von Lösungen, die an der Ursache der Überproduktion ansetzen, war nicht die Rede.
Möglichst viel zu produzieren ist zum wichtigsten Ziel einiger bäuerlicher Organisationen geworden. Auch der Bund fördert mit Pauschalsubventionen, Anbauprämien und Grenzschutz eine laufend steigende Nahrungsmittelproduktion in der Schweiz. Begründet wird dies mit der Versorgungssicherheit. Doch eine hohe Produktion in Normalzeiten garantiert nicht eine sichere Ernährung im Krisenfall. Im Gegenteil, sie kann diese sogar gefährden. Das ist der Fall, wenn die Produktion immer stärker von Importen - beispielsweise Futtermitteln, Energie, Maschinen, Dünger, Pestiziden - abhängt oder wenn sie die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt. Zudem leiden die Produzentenpreise unter der zu hohen Produktion. Wie viel Produktion ist für die Versorgungssicherheit nötig und tragbar? Dieser Frage geht das neue Faktenblatt von Vision Landwirtschaft nach. Die Resultate von Szenarienrechnungen zeigen: Die Versorgungssicherheit kann mit einer um 10-20% geringeren Produktion besser gewährleistet werden - solange das Landwirtschaftsland nicht weiter abnimmt.
L'agriculture suisse a atteint un nouveau record de production laitière 2014. Cette surproduction n'apporte presque que des perdants: producteurs, environnement, contribuables. Avec ses incitations perverses de subventions forfaitaires, l'État est largement responsable de cette situation. Pourtant l'Union suisse des paysans et le producteur laitiers demande encore plus de soutien financier. Un article dans Le Temps montre pourquoi cette politique fait fausse route.
2014 hat die Schweizer Landwirtschaft erneut soviel Milch produziert wie nie zuvor. Die Überproduktion kennt fast nur Verlierer: Produzenten, Umwelt, Steuerzahler. Mit seinen Fehlanreizen durch pauschale Subventionen ist der Bund für die Situation wesentlich mitverantwortlich. Trotzdem fordern Schweizer Bauernverband und Schweizer Milchproduzenten bei jeder Gelegenheit noch höhere Staatsgelder. Warum diese Politik die Probleme nur verschärfen wird, zeigt ein Meinungsbeitrag in der NZZ.
Die Nationale Strategie gegen Antibiotikaresistenzen wurde heute in die Anhörung geschickt. Eine zentrale Massnahme bilde die bereichsübergreifende Überwachung der Resistenzsituation und des Antibiotikaverbrauchs in der Humanmedizin, in der Veterinärmedizin, in der Landwirtschaft sowie in der Umwelt. Weiter soll die Prävention gefördert werden, damit weniger Antibiotika eingesetzt werden müssen, sowie vermieden werden, dass Antibiotika unsachgemäss eingesetzt werden.
Durch den verbreiteten Einsatz von Antibiotika insbesondere in der Tierproduktion breiten sich antibiotikaresistente Bakterienstämme besorgniserregend aus. Die Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit ist darüber alarmiert und fordert in einem neuen Strategiepapier, dass in der Schweizer Nahrungsmittelproduktion ganz auf Antibiotika verzichtet werden soll. Der Schweizer Bauernverband SBV wiegelt wie immer in solchen Fällen sofort ab: das sei nicht praktikabel. Es könne doch nicht sein, dass leidende Tiere nicht mehr mit den entsprechenden Medikamenten behandelt werden dürfen, lässt sich der SBV-Präsident verlauten. Leidende Bauernfamilien, leidende Tiere, leidende Weltbevölkerung, die mit einer möglichst intensiven Produktion ernährt werden muss: Wo auch immer auf Defizite in der Schweizer Landwirtschaft hingewiesen wird, kontert der Bauernverband mit bilderstarkem Jammern und steckt den Kopf in den Sand. Das ist für die Entwicklung der Landwirtschaft und ihr Image längerfristig verheerend. Dass die Fachkommission Biosicherheit auf die akuten Probleme in der Tierproduktion hinweist und konkrete Vorschläge macht, ist ausserordentlich begrüssenswert. Ein generelles Verbot dürfte zwar nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Ausser Zweifel steht hingegen, dass im Bereich des Antibiotikaeinsatzes in der Tierproduktion in den nächsten Jahren eine weitgehende Reduktion unumgänglich sein wird. Vision Landwirtschaft stellt derzeit im Rahmen eines Projektes die Vielzahl möglicher oder bereits praktizierter Massnahmen und Bewirtschaftungsstrategien zusammen, mit denen der Einsatz problematischer Stoffe (Antibiotika, Pestizide) in der Landwirtschaft besser erfasst und vor allem massgeblich reduziert werden kann. Die Landwirtschaft braucht auf ein proaktives Vorgehen bei der Lösung von Problemen und keine Vogel-Strauss-Politik.
Effizienz ist ein Schlüsselwort in der Lebensmittelindustrie. Trotz aller schönen Werbebilder einer heilen Landwirtschaft: Am Ende sind das Schweizer Poulet und das Schweizer Ei trotz Sonnensegel und Wintergarten heute weitgehend ein Industrieprodukt.
Inwieweit sind die Millionen Tonnen Futtermittelimporte im konventionellen Landbau ökologisch und ethisch vertretbar? Auf diesen fundamentalen Widerspruch wird debattiert. Bis jetzt hat der Konsument den Schwindel nicht bemerkt aber der Wind könnte in der Schweiz drehen. Eine Meinung von Andreas Bosshard in Ökologie & Landbau
Bis Ende 2018 müssen die Kantone entlang von Gewässern Gebiete festlegen, die dem Gewässer- und Hochwasserschutz dienen. Ein neues Merkblatt zeigt, wie die Ausscheidung zu erfolgen hat.
Mithilfe von Daten aus dem Biodiversitätsmonitoring der Schweiz wurden die Auswirkung von Stickstoffeinträgen auf die Artenvielfalt von Gefässpflanzen und Moosen in Bergwiesen untersucht. Eine Abnahme der Artenvielfalt konnte bereits bei 10 bis 15 Kilogramm Stickstoff pro Hektare und Jahr nachgewiesen werden. Bisher wurde ein kritischer Grenzwert von 20 Kilogramm angenommen.
In der Schweiz werden in einigen Regionen mit über 50-60 Kilogramm N besonders hohe Stickstoffeinträge gemessen. Hauptverursacherin sind überhöhte Tierbestände der Landwirtschaft als Folge stark gestiegener Mengen importierter Futtermittel. Die Schweiz gehört zu den drei europäischen Ländern mit den höchsten Emissionen an Ammoniak, einer besonders umweltschädlichen Form von Stickstoffemissionen aus der Tierhaltung.
Ein zunehmend wärmeres Klima bedeutet für viele Landwirtinnen und Landwirte der Schweiz, dass sie ihre Kulturen zukünftig vermehrt bewässern müssen, da viele Flüsse weniger Wasser führen. Die landwirtschaftliche Produktion wird jedoch nicht wesentlich geschmälert, wenn die Zunahme des Wasserbedarfs begrenzt wird.
Es sind zwar immer noch Bauern, welche die besten und schönsten Kühe im Ring inter- nationaler Viehschauen stolz präsentieren. Und es sind immer noch Bauern, in deren Ställe die Spitzentiere stehen. Doch die treibende Kraft hinter der Entwicklung zu immer extremeren Milchleistungen hat kaum mehr etwas mit bodenständiger Landwirtschaft zu tun, viel aber mit Industrie und Profit.
Die Milch stammt nicht aus dem Supermarkt, sondern noch immer von der Kuh. Und die vollbringt ihre Produktion in einem wunderbar anmutenden, extrem komplexen organi- schen Prozess.
Eine nachhaltige Landwirtschaft ist nicht ohne den nachhaltigen Konsumenten mög- lich. Ein Schlüsselfaktor ist dabei unser Fleischkonsum. Eine Reduktion um die Hälf- te würde zahlreiche Umweltprobleme der Landwirtschaft auf einen Schlag lösen. Genau dies forderten Wissenschafter an einer internationalen Konferenz.
Das 2010 von Vison Landwirtschaft herausgegebene "Weissbuch Landwirtschaft Schweiz" legte einen entscheidenden Grundstein für die wieder in Gang gekommenen Reformbemühungen der Schweizer Landwirtschaftspolitik. Die erste Auflage des Buches war innert weniger Monate ausverkauft. Die zweite Auflage ist hier erhältlich.
Die Anfangs der 1990er Jahre auf Druck verschiedener Volksinitiativen eingeleitete Agrarreform kam während zwei Jahrzehnten kaum vom Fleck. Der Grossteil der damals eingeführten agrarpolitischen Instrumente wurden den damals gesetzten Zielen und dem neuen landwirtschaftlichen Verfassungsartikel von 1996 nicht gerecht. Öffentliche Mittel in Milliardenhöhe wurden nicht verfassungskonform eingesetzt und schadeten der Zukunftsfähigkeit, der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Schweizer Landwirtschaft in unverantwortlicher Weise.
Diese Missstände werden im Weissbuch Landwirtschaft Schweiz, von Vision Landwirtschaft schon kurz nach seiner Gründung herausgegeben, umfassend und schnörkellos aufgearbeitet. Das allgemeinverständliche, mit zahlreichen Grafiken illustrierte Buch bleibt aber nicht bei der Kritik stehen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Darstellung von Vorschlägen, die konkret aufzeigen, welche Reformen für eine verfassungsmässige, zukunftsfähige Agrarpolitik unumgänglich sind. Mit detaillierten Modellrechnungen werden die Auswirkungen auf die verschiedenen agrarpolitischen Zielbereiche aufgezeigt. Die Resultate belegen ein unerwartet grosses Optimierungspotenzial und zeigen, dass damit die gesetzten politischen Ziele im Rahmen des jetzigen Agrarbudgets erreicht oder sogar übertroffen werden – bei mittelfristig höherem Einkommen und höherer Nettoproduktion der Landwirtschaft.
Mit seinen Analysen und Vorschlägen legte das Weissbuch Landwirtschaft einen entscheidenden Grundstein für die Reformschritte, welche in den Jahren 2012-2013 mit der "Agrarpolitik 2014-17" eingeleitet wurden. Und es wird weiterhin eine Referenz bleiben für die noch bevorstehenden agrarpolitischen Debatten, die zur Behebung der verbliebenen Defizite unumgänglich sind.
Das "Weissbuch Landwirtschaft Schweiz" ist im Buchhandel erhältlich oder über das Vereinssekretariat. Mitglieder von Vision Landwirtschaft erhalten 30% Rabatt auf den regulären Preis im Buchhandel.