Frauen in der Landwirtschaft: sichtbar machen, stärken und vernetzen
Die meisten Frauen in der Landwirtschaft sind die Ehefrauen der Betriebsleiter, umgangssprachlich «Bäuerinnen» genannt, auch wenn nicht alle die Bildung Bäuerin absolviert haben. Ihnen galt bisher der Fokus der landwirtschaftlichen Geschlechterforschung. Zwischen einem Drittel und der Hälfte dieser «Bäuerinnen» arbeiten ohne Lohn auf den Betrieben ihrer Ehemänner mit, einerseits traditionsbedingt, andererseits weil einige Betriebe ohne diese Gratisarbeit in finanzielle Schwierigkeiten kommen würden.
Daneben gibt es Frauen, die nicht der «traditionellen» Bäuerin entsprechen und bisher nicht im Zentrum der Geschlechterforschung standen: Es sind die Landwirtinnen, die (Co-)Betriebsleiterinnen, die Quereinsteigerinnen. Auch sie leisten einen wichtigen ökonomischen Beitrag für die gesamte Landwirtschaft, der kaum wahrgenommen wird. Im Gegensatz zu den Bäuerinnen haben sie aber keine Lobby und sind selten vernetzt.
Vor diesem Hintergrund haben Vision Landwirtschaft und die BFH-HAFL dieses transdisziplinäre Projekt gestartet, mit den Zielen:
a) Erkenntnisse zum ökonomischen Beitrag der Frauen für die Landwirtschaftsbetriebe und zu deren Stellung im Landwirtschaftssystem zu gewinnen,
b) Massnahmen zur Vernetzung und Stärkung der Praktikerinnen zu entwickeln und umzusetzen,
c) die gewonnenen Erkenntnisse via geeignete Kanäle zu verbreiten.
Dazu wird Grundlagenwissen zum ökonomischen Beitrag aller Frauen zum landwirtschaftlichen Familienbetrieb, zu ihrem Status auf den Betrieben und ihrer Position in der Politik und in der Gesellschaft erarbeitet. Dies geschieht unter anderem mit quantitativen Sekundärdatenanalysen, Gesetzesanalysen und qualitativen Interviews. Im Fokus des Projektes stehen die Praktikerinnen, also jene Frauen, die aktiv landwirtschaftlich tätig sind, unabhängig ihres Bildungsabschlusses oder offiziellen Status auf dem Betrieb. Je nach Projektphase wird das Wissen zusammen mit den Praktikerinnen in sogenannten «Living Labs» und im Austausch mit europäischen Forschungs- und Praxis-Partner:innen entwickelt. Dieses transdisziplinäre Wissen dient einerseits dazu, Massnahmen zu erarbeiten und umzusetzen, um die Praktikerinnen sichtbarer zu machen, zu stärken und zu vernetzen. Andererseits wird es über Öffentlichkeitsarbeit und Partnerorganisationen verbreitet, um Veränderungen auf politischer oder gesetzlicher Ebene anzustossen, um mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Landwirtschaft zu erreichen.