In den Medien war zu hören und zu lesen, der Bauernverband wünsche sich einen Bundesrat «der sich nicht in die Landwirtschaft einmische», so dass Agrarminister Guy Parmelin in Ruhe seine Arbeit machen könne.
So logisch das im ersten Moment für die Landwirt:innen tönen mag, so befremdlich und alarmierend ist diese Haltung für die Zukunft unserer Landwirtschaft. Gerade jetzt, wo der Bundesrat endlich klar gesagt und entschieden hat, dass es eine umfassende Ernährungspolitik braucht. Unser Ernährungssystem geht alle sieben Bundesrät:innen etwas an, so wie auch die ganze Gesellschaft Verantwortung übernehmen muss.
Wir alle brauchen gesunde und schmackhafte Lebensmittel, weil Ernährung Leben ist. Wir alle brauchen sauberes Trinkwasser, gesunde Böden, eine funktionierende Biodiversität und ein stabiles Klima.
Aber aktuell profitieren weder die Konsument:innen noch die Produzent:innen. sondern nur einige wenige Konzerne von den herrschenden Regelungen. Die Landwirt:innen verdienen oftmals zu wenig, und weder die Umweltbelastungen, noch die Sozial- und Gesundheitskosten sind in den Marktpreisen integriert. Dies führt zu starken Fehlanreizen im Konsum.
Es wird daher die ganze Gesellschaft brauchen, damit unser Ernährungssystem transformiert werden kann, so dass in Zukunft die Landwirtschaft gesunde Lebensmittel produzieren kann und dass wir sauberes Wasser sowie gesunde Böden und eine intakte Biodiversität erhalten können. Aber auch so, dass die Bauern und Bäuerinnen auch an den Gewinnen des Ernährungssystem beteiligt sind und sich entsprechend weiterentwickeln können.
Das wird der Agrarminister nicht alleine schaffen, im Gegenteil, auch seine Kolleg:innen müssen Verantwortung übernehmen. Denn aktuell müssen die Landwirt:innen praktisch alleine die ganzen gesetzlichen Vorgaben und den Dschungel an Verordnungen tragen. In der gesamten Wertschöpfungskette gibt es noch sehr viel zu tun, was dann auch die Bäuerinnen und Bauern entsprechend entlasten muss. Die Landwirtschaft ist vom ganzen Tun unserer Gesellschaft betroffen: Wenn weiterhin viel Kulturland verloren geht, weil wir Autobahnen bauen wollen, wenn weiterhin die Industrie und unser ganzer Konsum das Klima aus dem Lot bringen, wenn der Detailhandel freie Hand hat welche Produkte er zu welchen Preisen verkaufen kann, wenn die Gesundheitskosten steigen, weil wir uns ungesund ernähren, wenn die Konsument:innen preislich bestraft werden, wenn sie umweltfreundliche und gesunde Lebensmittel kaufen. Das alles sind Herausforderungen, welche der Agrarministier nicht alleine lösen kann.
Momentan werden die Landwirt:innen mit den vielen Zielkonflikten alleine gelassen. Das wird sich erst ändern, wenn die Politik endlich Verantwortung übernimmt und für das ganze Ernährungssystem Spielregeln definiert. Die ersten, die davon profitieren, werden die Bauern und Bäuerinnen sein.