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VISION LANDWIRTSCHAFT / NEWSLETTER 16.6. 2015

Beteiligungszahlen Agrarpolitik 2014-17: Hohe Akzeptanz bei den Bauern – Bremsmanöver beim Bundesamt für Landwirtschaft

Die neuen Leistungsprogramme der AP 2014-17 sind bei den Landwirten gut angekommen - besser als vom Bund erwartet worden ist. Dies zeigen die aktuell präsentierten Zahlen des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW). Doch nun will das BLW den von ihm selber eingeleiteten Wandel teilweise schon wieder rückgängig machen. Die Biodiversitätsbeiträge sollen massiv gekürzt werden.

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Mit mehreren Monaten Verspätung wurden heute die Zahlen zur Beteiligung der Landwirte an den neuen Programmen im ersten Jahr der Agrarpolitik 2014-17 präsentiert. Wie sich bereits abzeichnete, war die Akzeptanz der neuen Leistungsprogramme hoch – deutlich höher als vom Bund erwartet. Die Bauern sind offensichtlich bereit, ihren Beitrag zu einer nachhaltigeren Schweizer Landwirtschaft zu leisten. 

Wie mit der Reform beabsichtigt werden durch die verschiedenen Leistungsprogramme die umweltschonende und tierfreundliche Landwirtschaft und eine kostengünstigere Produktion gestärkt. Im Gegenzug wird eine nicht standortgemässe, umweltschädliche Produktion etwas unattraktiver gemacht. 

  • So haben die Biodiversitätsförderflächen, vor allem aber die Anteile von Biodiversitätsförderflächen mit Qualität zugenommen. 
  • Sehr hoch war die Beteiligung der Betriebe am Programm der graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion insbesondere im Berggebiet. Von diesem Programm erhofften sich Bundesrat und Parlament einen bremsenden Effekt auf die überbordenden Futtermittelimporte und die zu hohen Tierbestände.
  • Marktverfälschungen wurden etwas reduziert – allerdings ohne dass die Produktion dadurch zurückgegangen wäre. Diese bewegte sich 2014 auf historischem Rekordniveau.
  • Generell fliessen mehr Beiträge ins Berggebiet und in Erschwernislagen – damit wird eine Kernforderung der Debatte zur Neuen Agrarpolitik in die Realität umgesetzt.

Die Entwicklung geht also weitgehend in die gewünschte und vom Parlament angedachte Richtung. Die Bäuerinnen und Bauern nutzen die bestehenden und neuen Direktzahlungs-Programme dynamisch und offensiv. Von einem Zusammenbruch der produzierenden Landwirtschaft, wie sie im Vorfeld der Reform immer wieder als Schreckgespenst an die Wand gemalt worden ist, kann keine Rede sein. 

Soweit die gute Botschaft. Diese freut allerdings nicht alle. Einige Verbände, die nichts von dieser Reform wissen wollen, konnten das Bundesamt für Landwirtschaft offenbar derart unter Druck setzen, dass es bereits wieder den Rückwärtsgang eingelegt hat. Mit umfangreichen Verordnungsanpassungen – die unter dem irreführenden Titel "Administrative Vereinfachungen" kommuniziert wurden – sollen unter anderem die Leistungsprogramme um Dutzende von Millionen Franken gekürzt werden. 

Weitaus am stärksten trifft es die Biodiversität. Das Bundesamt schlägt vor, die dafür vorgesehenen Beiträge um bis zu einem Drittel zu kürzen, insgesamt um mehrere Dutzend Millionen Franken pro Jahr. Dies, obwohl die Artenvielfalt in der Kulturlandschaft nach wie vor zurückgeht oder auf sehr tiefem Niveau verharrt. Bei einzelnen Betrieben würden die Kürzungen bis zur Hälfte der bisherigen Beiträge ausmachen. Für solche, die speziell auf die Biodiversitätsförderung gesetzt haben, ist dies ein Schlag ins Gesicht, der für einige gar existenzgefährdend wäre. 

Ein solches Vorgehen handelt gegen Treu und Glauben und verhindert jede Planbarkeit. Es widerspricht auch dem Auftrag des Parlamentes, mit der AP 2014-17 die Direktzahlungen leistungsorientiert auszurichten. Vision Landwirtschaft weist das Herbstpaket mit seinen zahlreichen, wenig ausgegorenen Anpassungen in globo zurück. 

Stattdessen fordern wir eine seriöse Auswertung der jetzt präsentierten Beteiligungsahlen und darauf aufbauend ein späteres, ausgewogenes Verordnungspaket, dessen Erarbeitung unter breitem Einbezug betroffener Kreise erfolgen muss. 

Dabei darf das Oberziel nicht aus den Augen verloren gehen: Nämlich die Agrarpolitik in der angestossenen Richtung weiter zu entwickeln. Ausgelöst wurden die jetzigen Reformschritte durch den parlamentarischen Auftrag, die Agrarpolitik effizienter zu machen und zunehmend weg von den ineffizienten Pauschalzahlungen zu kommen. Nach wie vor werden derzeit 50% der Direktzahlungen pauschal ausgerichtet. Die Hälfte ist also nicht an konkrete Leistungen geknüpft. Wie mittlerweile vielfach nachgewiesen wurde, schaden solche Giesskannenzahlungen mehr als dass sie einen Nutzen bringen (siehe z.B. Faktenblatt Nr. 2). Die Pauschalzahlungen, insbesondere die problematischen Versorgungssicherheitsbeiträge, sind in einer nächsten Runde zugunsten von Leistungsbeiträgen weiter zu reduzieren. Eine effiziente Agrarpolitik ist also Gegenteil von der Politik, welche das Bundesamt für Landwirtschaft jetzt auf dem Verordnungsweg einzuleiten versucht.



Aus der Stellungnahme von Vision Landwirtschaft zum landwirtschaftlichen Verordnungspaket Herbst 2015:

Die vom Bundesamt für Landwirtschaft gemachten Vorschläge unter dem Titel "Administrative Vereinfachungen" sind einseitig, überzeugen fachlich nicht und haben keine administrative Entlastung zur Folge. Vielmehr verursachen sie auf allen Ebenen zusätzliche Aufwände im Zusammenhang mit unzähligen nötigen Anpassungen. 

Darüber hinaus kritisieren wir grundsätzlich, dass derart weitgehende Anpassungen vorgeschlagen wurden, noch bevor Zahlen zur Akzeptanz und Beteiligung an den Programmen vorlagen, und dass die Vorschläge nicht unter ausgewogenem Einbezug betroffener Kreise erarbeitet worden sind. Wir beantragen deshalb einen generellen Verzicht auf die Anpassungen zur "Administrativen Vereinfachung" zum jetzigen Zeitpunkt und eine Verschiebung auf 2017 oder 2018 in wesentlich überarbeiteter Form. 

Zur Stellungnahme Vision Landwirtschaft zum Agrar-Verordnungspaket Herbst 2015