Weihnachten steht vor der Tür – und Sie suchen einen ökologischen Weihnachtsbaum?
Auch bei den Weihnachtsbäumchen ist einheimisch nicht immer auch ökologisch. Doch es gibt mehr und mehr Produzenten, die sich um einen nachhaltigen Anbau bemühen und ganz oder auf einen Teil der Pestizide verzichten. Der Handel unterstützt diese Bemühungen: Vision Landwirtschaft hat zusammen mit Coop Richtlinien für einen Christbaumanbau mit einem reduzierten Chemieeinsatz erarbeitet. Auch Landi wendet seit diesem Jahr die Richtlinien an. Damit sorgen zwei der der grössten Anbieter für mehr Nachhaltigkeit in der Weihnachtsstube.
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Christbäume kommen bei naturnaher Anbauweise ganz ohne Chemie aus. Doch nur rund 10% der Schweizer Bäume werden so umweltfreundlich angebaut. Das sind zum einen diejenigen, welche im Wald gezogen werden, beispielsweise von Forstbetrieben. Denn im Wald darf gemäss Forstgesetz kein Pestizid und kein Dünger eingesetzt werden. Dazu kommen die Tännchen von Biobetrieben, die in der Regel auch keine Pestizide einsetzen. Allerdings machen Biobäume nur einen verschwindend kleinen Teil des Marktes aus. Wieviel genau ist unbekannt, auf Nachfrage konnte BioSuisse nur wenige Produzenten nennen.
Schafe statt Chemie oder Maschinen
Und schliesslich gibt es weitere Produzenten, die erfolgreich auf Schafe setzen. Eine besondere Schafrasse, welche die Bäumchen verschmäht, frisst den Unterwuchs zwischen den Stämmchen kostengünstig ab, ohne dass es Unkrautvernichtungsmittel braucht. Alternativ kann das Gras um die Bäumchen auch maschinell entfernt werden, was aber oft aufwändig ist. Wer seine Tanne direkt beim Produzenten kauft, kann selbst feststellen, ob Gras unter den Bäumchen wächst. Wenn nicht, so kamen in der Regel problematische Herbizide zum Einsatz.
Ohne Chemie noch die Ausnahme
Das bedeutet: Etwa 9 von 10 Christbäumchen kommen in der Schweiz noch aus Kulturen, in welchen Pestizide eingesetzt werden. Was die Menge und Häufigkeit der eingesetzten Pestizide anbelangt, gibt es allerdings grosse Unterschiede von Produzent zu Produzent. Denn gesetzliche Regelungen existieren nur wenige, und diese werden so gut wie nicht kontrolliert und dementsprechend auch immer wieder nicht eingehalten.
Recherchen von Vision Landwirtshaft haben in der Tat gezeigt, dass viele vor allem kleinere, aber auch einige grössere Produzenten unnötig grosszügig Chemie einsetzen. Besonders problematisch ist das verbreitete flächige Abspritzen mit Herbiziden. Diese Kulturweise ist für die Umwelt in verschiedener Hinsicht ausgesprochen problematisch. Zum einen gelangen unnötig grosse Mengen an Giftstoffen in die Böden, darunter vor allem auch das umstrittene Glyphosat. Die flächig abgespritzten, komplett vegetationsfrei gehaltenen Böden sind bei Starkniederschlägen zudem stark erosionsgefährdet, was nicht nur zu einem Bodenverlust führt, sondern selbst bei kleineren Niederschlägen die Abschwemmungsgefahr der eingesetzten Pestizide in die Gewässer stark erhöht. Kommt dazu, dass der Herbizideinsatz auch für das Bodenleben äusserst schädlich ist. Glyphosat beispielsweise wirkt als starkes Antibiotikum und vernichtet damit die wichtigen Boden-Mikroorganismen. Und nicht zuletzt fördert ein jahrelanger Herbizideinsatz Resistenzen von Problemunkräutern, was zunehmend auch in der Schweiz ein Problem ist.
Der hohe Herbizideinsatz, zu dem teilweise noch Fungizide (Gifte gegen Pilze) und Insektizide (Gifte gegen Insekten) hinzukommen, ist besonders unschön, weil es gute Alternativen gäbe.
Coop geht voran
Mit diesen Argumenten konnte Vision Landwirtschaft vor 2 Jahren Coop überzeugen. Zusammen mit der Denkwerkstatt hat der grösste Abnehmer von Schweizer Weihnachtsbäumchen Richtlinien für einen nachhaltigen Anbau erlassen, die auf den gut praktizierbaren Alternativen zum Pestizideinsatz aufbaut. Alle Schweizer Lieferanten von Coop halten verbindlich diese Vorgaben ein. Coop lässt dabei auch Kontrollen durchführen. Das flächige Abspritzen mit Herbiziden ist weitgehend untersagt, und auch der Einsatz von Fungiziden und Insektiziden wird eingeschränkt.
Auch wenn die Coop-Richtlinie einen Kompromiss darstellt: Immerhin wird dadurch der schädlichste Teil des Pestizideinsatzes gegenüber dem gesetzlich Zulässigen um schätzungsweise mehr als die Hälfte reduziert. Landi hat diese Richtlinie für ihre Lieferanten übernommen.
Ein M schlechter
Die Migros dagegen, der dritte grosse Anbieter von Christbäumen aus der Schweiz, vermarktet weiterhin auch Schweizer Christbäume aus problematischen Kulturen. Gemäss Nachfrage von Vision Landwirtschaft kennt der Grossverteiler die Coop-Richtlinie nicht. Er verweist auf die ÖLN-Richtlinien des Bundes. Dass diese praktisch keinerlei Einschränkungen machen und auch mehrmals jährliches flächiges Abspritzen mit Glyphosat und anderen Herbiziden tolerieren, nimmt der Grossverteiler in Kauf. Kommt dazu, dass selbst die wenigen bestehenden ÖLN-Vorschriften betreffend Mittelwahl, Abstandsregelungen, Schadschwellenerhebung bei Insektizideinsatz etc. so gut wie nie kontrolliert werden. Auch Migros führt keine solchen Kontrollen durch.
Wie komme ich zum grünen Weihnachtsbaum?
Schweizer Weihnachtsbäume sind eine gute Wahl – aber nur dann, wenn sie einigermassen ökologisch produziert wurden:
- Ganz pestizidfrei und damit in Bezug auf die Umwelt ohne Makel sind alle Bäumchen aus Forstflächen im Wald.
- Auch Biobäumchen sind sehr ökologisch.
- Bei Coop und Landi haben Sie Gewissheit, dass bei den angebotenen Bäumchen aus der Schweiz der Pestizideinsatz reduziert und weitere Mindestanforderungen zugunsten eines nachhaltigen Anbaus eingehalten werden.
- Bei den übrigen Anbietern ist es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Fragen Sie im Zweifelsfalle beim Verkäufer nach, beispielsweise ob die Kultur begrünt ist.
Zukunftsmusik: Nur noch grüne Schweizer Weihnachtsbäume
Rund 50% der hierzulande verkauften Weihnachtsbäumchen stammen heute aus der Schweiz, Tendenz zunehmend. Um diesen Trend hin zu mehr regionaler Produktion zu unterstützen, setzt sich Vision Landwirtschaft für einen gesamtschweizerisch ökologischeren und mittelfristig pestizidfreien Anbau ein. Der Konsument will einen grünen, nachhaltig produzierten Weihnachtsbaum. Wenn er weiss, dass Schweizer Herkunft gleichbedeutend mit ökologisch ist, wird er auch zunehmend bereit sein, den höheren Schweizer Preis zu zahlen.
PS: Es gibt auch Alternativen zum traditionellen Weihnachtstännchen, beispielsweise Topfbäumchen oder wiederverwertbare Kunststofftännchen. In vielen Fällen dürfte ihre Ökobilanz jedoch schlechter ausfallen als bei den "richtigen" Tännchen aus nachhaltiger Produktion.
Herausforderung nachhaltiger Christbaumanbau im Bild
Einer, der sich mit grossem Engagement für einen reduzierten Pestizideinsatz im Christbaumanbau einsetzt, ist Stefan Oberholzer aus dem Toggenburg, einer der grösseren Produzenten der Schweiz. Auf seinem Hof Bubental hat er schon viele Varianten ausprobiert, um dem Grasbewuchs ohne Herbizide in Grenzen zu halten. Dabei kommen Rindenmulch oder Holzwollevliese, aber auch spezielle Mulchgeräte zum Einsatz. Oberholzer ist Präsident der IG Christbaum und versucht seit vielen Jahren, seine Kollegen von einer nachhaltigen Produktionsweise zu überzeugen. www.bubental.ch
So sollte es dagegen nicht aussehen: Diese Christbaumkulturen werden mehrmals im Jahr flächig mit Herbiziden wie Glyphosat abgespritzt (links). Die Folgen sind offener Boden, Abschwemmung der Pestizide in die Gewässer, Bodenerosion (Mitte) und fehlende Nützlinge, die wiederum weitere Pestizide nötig machen (rechts).