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NEWSLETTER 6.6. 2023

Landwirtschaft und Klima

Landwirtschaft und Klima

Zu den global grössten Herausforderungen gehören der Schutz und die Erhaltung der Biodiversität und die Einschränkung der Klimaerwärmung mit Anpassungen der Lebensgrundlagen und den wichtigen Ernährungs- und Landwirtschaftssystemen. Der menschengemachte Klimawandel wird inzwischen auch von einer breiten Bevölkerung anerkannt. Die Herausforderung, die Klimaerwärmung einzudämmen ist riesig. Es gibt bereits vielfältige Ansätze die Emission von Treibhausgasen (THG) zu reduzieren, trotzdem ist das Netto-Null-Ziel 2050 des Bundesrats sehr ambitioniert. Dabei geht es nicht nur um eine starke Reduktion der Emissionen von Kohlendioxid (CO2), sondern auch von Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Und dies betrifft besonders auch die landwirtschaftliche Produktion für die menschliche Ernährung. Neben der Reduktion von klimaaktiven Gasen aus der Landwirtschaft würde der Konsum von vermehrt pflanzenbasierten Nahrungsmitteln die THG-Emissionen erheblich senken und die menschliche Gesundheit fördern, dies käme auch der Biodiversität zugute

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>> Faktenblatt «Klima - Landwirtschaft - Ernährung» von Vision Landwirtschaft

(VL) Für die Schweiz sagen die Klimamodelle in den kommenden Jahrzenten eine Zunahme von Extremereignissen voraus. Die Szenarien für die Klimaentwicklung der Schweiz (MeteoSchweiz, 2018) beschreiben die zu erwartenden Veränderungen des Klimas, auf welche sich die Landwirt:innen vorbereiten sollten. Die Landwirtschaft wird dabei vor allem durch Trockenheit, Starkniederschläge, Sommerhitze und Frühjahrsfröste betroffen. Zudem verändert sich durch die milderen Temperaturen das Risiko von Pflanzenkrankheiten und von Schädlingsbefall. Bereits heute wirkt sich die Klimaerwärmung in verschiedenen Regionen der Schweiz auf Ernteerträge und Lebensmittelproduktion aus – negative Folgen sind dabei häufiger zu beobachten als positive. Bei einem ungebremsten Klimawandel wird die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz immer mehr beeinträchtigt, vor allem wenn das verfügbare Wasser während der Vegetationszeit knapp wird. In den Gebieten, die bisher schon unter Trockenheit gelitten haben, dürfte diese sich noch verstärken. Die ausserordentlichen Wetterschwankungen werden die schweizerischen Landwirt: innen vor besondere Herausforderungen stellen und die Ertragssicherheit gefährden.

Aber auch die Landwirtschaft trägt zum Klimawandel bei. Schlüsselfaktoren sind die Emissionen der klimarelevanten Gase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (Distickstoffmonoxid N2O). Methan entsteht vor allem im Verdauungstrakt der Nutztiere, Lachgas hauptsächlich bei der Bodennutzung durch den bakteriellen Abbau von Stickstoffverbindungen.

Im Treibhausgasinventar der Schweiz werden die Emissionen aus der Verdauung der Nutztiere, aus dem Hofdünger- und Mineraldünger-Management sowie aus den Böden und aus der Verbrennung landwirtschaftlicher Grünabfälle erfasst (BAFU, 2022). 2021 gingen gemäss Schweizer Treibhausgasinventar 14.3% der gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz auf das Konto der Landwirtschaft. Im Schweizer Treibhausgasinventar nicht berücksichtigt werden die grauen Emissionen, die bei der Produktion von Importgütern entstehen. Dies sind hauptsächlich Futtermittel. Doch auch Anbau und Transport verursachen klimaschädigende Emissionen. Auch der Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngern verschlingt jährlich 24 Millionen Liter Erdöl und produziert 80‘000 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Landwirtschaftliche Fahrzeuge in der Schweiz verbrauchen rund 150 Millionen Liter Diesel pro Jahr (Agroscope, 2015). Gesamthaft wird in der Schweizer Landwirtschaft etwa 2.5mal mehr Energie für die Produktion eingesetzt als in den geernteten Agrarerzeugnissen enthalten ist (BLW, 2017). Im Vergleich dazu: Die indische Landwirtschaft benötigt nur 0.7 Kilokalorien  für die Produktion einer Kilokalorie Nahrungsmittel. Ziel müsste sein, dass die Landwirtschaft nicht mehr Energie in die Produktion steckt, als in den geernteten Erzeugnissen enthalten ist. Konzepte und Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz fehlen noch weitgehend, und nach wie vor fördert die Agrarpolitik die ineffiziente Verwendung von Energie beispielsweise durch die Rückvergütung der Mineralölsteuer auf den in der Landwirtschaft verbrauchten Dieseltreibstoff. Der Dieselverbrauch in Forst- und Landwirtschaft trägt nur zu 10 % am Treibhausgasausstoss der Schweizer Landwirtschaft bei (Vision Landwirtschaft, 2023). Hauptquelle ist die Tierhaltung mit 71 %, der Rest stammt aus den landwirtschaftlichen Böden.  Aber auch die Produktion von Tierfutter weist eine sehr ungünstige Energieeffizienz aus. In der Schweiz werden als Folge der Spezialisierung der Landwirtschaft auf die tierische Produktion im Durchschnitt pro Kilokalorie Nahrungsmittelenergie 2,4 Kilokalorien nicht erneuerbare Energieträger verbraucht (Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), 2015). (ZHAW, 2018).

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Faktenblatt Klimaänderung in der Schweiz - Vision Landwirtschaft  Abb. 10: Die THG-Emissionen (CO2eq) aus der Schweizer Landwirtschaft von 1990 bis 2021 in t CO2eq pro Jahr. Die Emissionen geordnet von unten nach oben: CO2, CH4, N2O umgerechnet in CO2eq, eigene Darstellung mit Daten aus (BAFU, 2023)

Sowohl über eine Anpassung der Produktions-, als auch über Konsummuster lässt sich der landwirtschaftliche Treibhausgasausstoss senken. Zu den Möglichkeiten der Produktion gehört hauptsächlich die Senkung der Emissionen aus Viehhaltung und Bodenbewirtschaftung. Ausserdem liesse sich die Menge an Kohlendioxid erhöhen, die von Böden und Biomasse aufgenommen und gebunden wird. Ergänzend können die Emissionen in der Landwirtschaft durch technische Optimierung weiter gesenkt werden. Das Potential wird sich aber in Grenzen halten, und eine vollständige Substitution fossiler Brenn- und Treibstoffe durch erneuerbare Energieträger ist kaum machbar.

Bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels stellen sich bei der konkreten Umsetzung diverse Herausforderungen. Einerseits ist der Klimawandel mit all seinen Folgen ein komplexer Prozess, der von vielen verschiedenen Akteuren beeinflusst wird. Entsprechend schwierig zu erstellen und mit vielen Variablen behaftet sind die Szenarien. Andererseits ist die Anpassung an den Klimawandel ein langfristiger, stets andauernder Prozess, dessen Wirkung meist nicht direkt wahrnehmbar ist.

Es liegt im eigenen Interesse des Landwirtschaftssektors, ehrgeizige Massnahmen zur  Emissionsminderung zu ergreifen und mitzuhelfen, dass wichtige Schwellenwerte bei der Erderwärmung nicht überschritten werden.

Ebenso wichtig ist es, sich auf den unvermeidlichen Temperaturanstieg und die damit verbundenen Klimaereignisse einzustellen. Zwar ist eine Anpassung an klimatische Auswirkungen durch den Einsatz bereits verfügbarer Techniken möglich, doch es gibt Grenzen. Ein Anstieg der Erdmitteltemperatur um 3 °C oder mehr wird die Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft überfordern, wie verschiedene Klimaszenarien aufzeigen.