Biodiversität und Produktion, Artenvielfalt und Wirtschaftlichkeit sind keine Gegensätze
Jahrhunderte bestand zwischen Biodiversität und Landwirtschaft eine Symbiose. Bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts hat die bäuerliche Landnutzung massgeblich zu einer starken Zunahme der Artenvielfalt in der Schweiz beigetragen. In den 1950er Jahren kam es mit der "Grünen Revolution" zu einer dramatischen Trendumkehr. Seither ist die Landwirtschaft an erster Stelle für einen nie dagewesenen Zusammenbruch der Biodiversität verantwortlich. In gleichem Ausmass brach die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft ein. Das ist kein Zufall. Ökonomie und Ökologie müssen wieder am gleichen Strick ziehen. Projekte und Bauernbetriebe weisen den Weg.
Zwar zeigen die wichtigsten Indizes für Biodiversität nach wie vor nach unten. Aber immer mehr Beispiele zeigen, wie stark die Biodiversität bei kluger Integration in den landwirtschaftlichen Betrieb bereits in kurzer Zeit gefördert werden kann. Eine effiziente, standortgemässe Produktion und die Erhaltung der Biodiversität gehen auch wirtschaftlich Hand in
Hand. Was heute erst auf einer kleinen Minderheit von Betrieben und Projekten Realität ist, muss wieder zum Standard werden. Dies mit einer zielgerichteten, endlich am Verfassungsauftrag orientierten Politik und einer neu ausgerichteten Beratung zu ermöglichen, sieht Vision Landwirtschaft als eine ihrer Hauptaufgaben.
News und Beiträge zum Thema
Die Biodiversität zu fördern, ist ein Teil des Bauernsein - sie ist untrennbar mit dem Anbau verknüpft

Biodiversität – was bedeutet sie für einen Gemüsebauer? Und wer ist für ihren Erhalt verantwortlich? Um diese Fragen zu beantworten haben wir Samuel Kessens auf seinem Gemüsebetrieb im Kanton Aargau besucht. Der Co-Betriebsleiter hat uns zwischen Erbsen und Malven, Brennesseln und Tomaten anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, was die Biodiversität für ihn bedeutet, wie er sie fördert und was Leute, die selbst nicht in der Landwirtschaft tätig sind, für sie tun können.
Doppelt schädliche Untätigkeit bei den Subventionen

Die Gesellschaft bezahle doppelt. Zuerst die Subventionen und dann noch die Massnahmen zum Schutz der Biodiversität, die entweder jetzt oder in Zukunft ebenfalls anfallen. Vor allem die Kosten für zukünftige Generationen werden hoch sein, schreibt BirdLife Schweiz. Um gewisse Branchen und wirtschaftliche Tätigkeiten zu fördern, zahle der Staat Subventionen oder setzte andere Anreize. Manche Subventionen und Anreize zeitigen jedoch auch schädliche Wirkungen auf die Biodiversität und/oder das Klima. Der Bundesrat habe sich deshalb bereits 2012 in der Strategie Biodiversität folgendes Ziel gesetzt: «Negative Auswirkungen von bestehenden finanziellen Anreizen auf die Biodiversität werden bis 2020 aufgezeigt und wenn möglich vermieden. Wo sinnvoll werden neue positive Anreize geschaffen.» Trotz dem klaren Bekenntnis des Bundesrats geschah danach wenig. Der Bund erstellte nicht einmal eine systematische Übersicht über die biodiversitätsschädigenden Subventionen und Anreize.
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Produktion oder Biodiversität? - Kommentar zur Biodiversitätsinitiative

(VL) Am 22. September kommt die Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Umwelt», kurz «Biodiversitätsinitiative», an die Urne. Ein Thema, das die Landwirtschaft betrifft, aber nicht ausschliesslich. Biodiversität ist weit mehr als blühende Streifen am Ackerrand. Sie kann in den Bergen, im Wald aber auch im Siedlungsgebiet vorkommen und gefördert werden. Vision Landwirtschaft möchte mit diesem Newsletter einen Überblick zur Initiative schaffen, ordnet Fakten und Argumente ein und erläutert mögliche Folgen bei einer Annahme oder Ablehnung der Initiative.
«Hauruck-Politik» auf Kosten der biodiversitätsfreundlichen Produktion

Obwohl die Mehrheit der Landwirt:innen die 3.5 % Biodiversität in den Ackerflächen unterstützt, werden sie voraussichtlich vom nationalen Parlament abgeschafft. Dies in dem Entscheide, die auf Verordnungsebene beschlossen und eingeführt worden sind und nun vorausssichtlich über eine Motion gekippt werden. Und das, obwohl viele Landwirt:innen solche Flächen bereits angelegt haben und die beiden Verbände (IP Suisse und Bio Suisse), welche zusammen die Mehrheit der Landwirt:innen vertreten, sich klar für den Beibehalt dieser Massnahme ausgesprochen haben. Sie haben auch an einem Hearing der Wirtschaftskommission teilgenommen und aufgezeigt, warum Biodiversität und Produktion sich gegenseitig brauchen, gerade in den Ackerflächen.
Es ist unverständlich, dass die Politik sich zu solchen Manövern hinreissen lässt, respektlos gegenüber allen Landwirt:innen, welche diese Flächen bereits angelegt und die Verordnung umgesetzt haben.
Sowohl der Geschäftsführer der IP Suisse als auch der Präsident der Bio Suisse haben betont, dass die Rückmeldungen und Anpassungsvorschläge zum Instrument zeigen, dass sie durch die Branche auch aufgenommen werden. Es zeigt auch, dass die aktuell vorgeschlagenen Anpassungen ein sinnvoller Kompromiss sind, der für die Landwirtschaft gut ist. Denn so kann die Biodiversität entscheidend gefördert werden, ohne die Produktivität zu beeinträchtigen. Die Wirkung der Acker-BFF gegen Erosion und zugunsten der Wasserspeicherung sowie der Förderung von Insekten und Nützlingen sind wichtig für stabile Erträge. Und sie sind eine Investition in den Erhalt der Artenvielfalt.
45% der Wildbienen sind in der Schweiz gefährdet: neue Rote Liste

In der Schweiz sind 45% der heimischen Wildbienen gefährdet. Das geht aus der aktualisierten Roten Liste Bienen hervor, die das Bundesamt für Umwelt (BAFU) veröffentlicht hat. Hauptursachen dafür sind ein mangelndes Angebot an Blüten zum Sammeln von Pollen und Nektar sowie fehlende Nistplätze. Vision Landwirtschaft hatte bereits im im Newsletter Februar 2023 auf diese Situation der Wildbienen hingewiesen, da diese Basis-Daten bereits dann bekannt waren. Die Landwirtschaft ist angewiesen auf eine gute Bestäubungsdienstleistung auch durch die Wildbienen.
Die Landwirtschaft macht schon einiges für die Biodiversität. Das Problem ist nicht die fehlende Beteiligung der Landwirt:innen an den Programmen. Aber sie sind so ausgestaltet, dass sie nicht die optimale Wirkung entfalten.
Es braucht ein ganzheitliches Denken und Handeln, um die Biodiversitätskrise noch aufhalten zu können. Doch nicht nur im Kulturland muss mehr für die Biodiversität getan werden. Auch im Wald und ganz besonders im Siedlungsraum sind zusätzliche dringende Massnahmen nötig. Es ist eine Aufgabe welche die ganze Gesellschaft gemeinsam lösen muss.
Für eine hochwertige Biodiversitätsförderung braucht es klare Ziele

Zurzeit werden die Weichen der Biodiversitätsförderung im Kulturland neu gestellt. Mit der Zusammenführung der Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekte stehen wichtige Veränderungen bevor.
Beim Thema Biodiversität lohnt sich der Blick auf sachliche Grundlagen. Zurzeit sind auf nationaler Ebene keine quantitativen Zielvorgaben vorgesehen und im Landschaftskonzept Schweiz sind wichtige Grössen nicht im Detail definiert. Aus diesem Grund hat die die Schweizerische Vogelwarte die Begriffsdefinition «hochwertige Biodiversitätsförderflächen» erarbeitet und darauf abgestützt quantitative Zielvorgaben formuliert.
Die Evaluation der Vernetzungsprojekte hat aufgezeigt, dass gute Projekte von messbaren und klaren Zielen und weiteren Faktoren wie einer qualitativ hochstehenden Beratung geprägt sind. Biodiversität ist für die landwirtschaftliche Produktion essentiell und braucht eine konsequente Unterstützung aus der Politik und Gesamtgesellschaft. Denn die Biodiversität kommen uns allen zu Gute. Damit die Umsetzung funktioniert und die Qualitätsziele erreicht werden, braucht es genügend hochwertige und vernetzte Flächen an der richtigen Lage zur Förderung der Biodiversität.
Unser Ernährungssystem – global und hochkomplex, aber es geht auch anders

Tag für Tag werden die Lebensmittelregale gefüllt und Restaurants und Kantinen beliefert. Tausende Produkte sind jederzeit verfügbar. Hinter dem Warenangebot steckt ein hochkomplexes System. Mit hohem logistischem Aufwand sorgen Landwirtschaft, Industrie und Handel dafür, dass die Produkte zur rechten Zeit am rechten Ort sind. Doch nur zu einem kleinen Teil landen Lebensmittel direkt aus der Region auf unseren Tellern. Denn die Landwirt:innen aus der Region produzieren überwiegend für den Grosshandel und dadurch legen die Lebensmittel hunderte von Kilometern zurück. Wenn zum Beispiel ein Zürcher Obstproduzent seine Äpfel an die Migros liefert, muss er diese nach Gossau im Kanton St. Gallen fahren und die Migros liefert diese dann an ihre Märkte in der Stadt Zürich. Das sind dann hin und zurück 150 km. Dieses System hat sich über Jahre entwickelt. Doch je komplexer ein System, desto mehr Energie wird benötigt und es wird anfälliger für Störungen aller Art.
Bedeutung der Biodiversität für die Landwirtschaft

Die Schweiz ist vom Biodiversitätsverlust sehr stark betroffen. Das hat bereits grosse Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Sehr besorgniserregend ist der Rückgang vieler Wildbienen-Arten, deren Leistungen als Bestäuber sehr wichtig sind für die Landwirtschaft. Neue Daten, welche für die Aktualisierung der Roten Liste der gefährdeten Bienenarten der Schweiz von Dr. Andreas Müller erhoben wurden, zeigen, dass rund 10% der Wildbienenarten bereits ausgestorben sind. Eine sehr hohe Zahl von 45% der Arten wird voraussichtlich dieses Jahr auf die Rote Liste gesetzt. Dies hat einen direkten Zusammenhang auf die Erträge von vielen Nutzpflanzen. Die Bestäubung ist aber nur eine der wichtigen Ökosystemleistungen unter vielen, die alle massgeblich zu einer Landwirtschaft mit guter und stabiler Produktionsleistung beitragen. Das Wissen und die Fakten zu diesen Zusammenhängen werden häufig zu wenig berücksichtigt in politischen Entscheiden, aber auch auf Landwirtschaftsbetrieben und bei der Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand. Trotz Engagement vieler Landwirt:innen für die Biodiversität auf ihren Betrieben nimmt die Artenvielfalt weiter drastisch ab.
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Zuviel Stickstoff in der Luft: das macht unsere Wälder krank

Das Bundesamt für Umwelt weist erneut auf die Belastung der Wälder durch übermässigen Stickstoff aus der Luft hin und listet Massnahmen auf, wie sie zu reduzieren sind.
Zwei Drittel der stickstoffhaltigen Luftschadstoffe stammen aus der Landwirtschaft. Deshalb müssen dringend die Massnahmen für zur Reduktion der Ammoniak- und Stickoxidemissionen konsequent umgesetzt werden.
Kunstdüngerwirtschaft in der Sackgasse

(VL) Die Schweiz lagert im Auftrag des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) 17’000 Tonnen importierten Stickstoffdünger in Pflichtlagern. Gleichzeitig müssen Landwirt:innen aus der Zentralschweiz, die wegen zu hohen Tierbeständen Hofdünger-Überschüsse haben, Hofdünger in andere Kantone oder sogar ins Ausland exportieren (s. Agrarbericht 2021, Hoduflu Datenauswertung).
Da stellt sich die Frage, ob es eine Option für die Schweizer Landwirtschaft wäre, wenn Betriebe vermehrt anstatt importiertem Kunstdünger tierischen Hofdünger wie Mist und Gülle einsetzen würden? Aus Sicht der Klima- und Umweltperspektive ist eines klar: Zuviel Dünger, ob Hofdünger oder Kunstdünger, schädigt die Umwelt massiv, was in der Schweiz seit Jahren der Fall ist. Um die natürlichen Ressourcen Wasser, Boden, Luft und Biodiversität zu schützen, muss die Düngermenge in der Landwirtschaft reduziert werden.
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Sendung «Netz Natur»: Landwirtschaft mit statt gegen die Natur

In einer ausgezeichneten Sendung zeigt die SRF-Sendung "Netz Natur" Pioniere einer Landwirtschaft, die die Natur als Vorbild nehmen, um mit Heerscharen von Kleinlebewesen im Boden, mit Pilzen und innovativen Kombinationen von Pflanzen rückstandsfreie, wertvolle Lebensmittel zu produzieren.
Faszinierende Ideen für die Landwirtschaft der Zukunft - mit Herausforderungen, die auf diesem Weg noch auf uns warten. Denn die Bäuerinnen und Bauern allein werden es nicht richten können. Es braucht entscheidende Weichenstellungen von der Politik, vom Handel, und nicht zuletzt von den KonsumentInnen, damit sich eine enkeltaugliche Landwirtschaft durchsetzen kann.
Agrarallianz fordert Reduktion der Tierbestände

19 Organisationen aus dem Landwirtschafts- und Ernährungssektor, darunter auch Vision Landwirtschaft, fordern im Rahmen der Agrarpolitik 2022+ einen Abbau der Tierbestände und eine Reduktion der immensen Futtermittelimporte in der Schweiz auf ein umweltverträgliches Mass.
Empfindliche Ökosysteme wie Moore und Wälder werden heute mit Ammoniakfrachten aus der Tierhaltung belastet, die gegenüber einem gesetzeskonformen Zustand bis zu 19-fach überhöht sind, wie aktuelle Untersuchungen zeigen.
Ammoniak hinterlässt Schäden an Biodiversität

Beim Lagern und Ausbringen von Gülle und Mist wird gasförmiger Stickstoff in Form von Ammoniak freigesetzt. Dieser verteilt sich mit dem Wind über weite Distanzen und gelangt so auch in abgelegene Naturschutzgebiete. In der Schweiz sind die Ammoniakemissionen besonders hoch. Dies führt zu einer fast flächendeckenden Überdüngung von sensiblen Ökosystemen. Betroffen sind rund 90% aller Waldböden, ein Drittel aller Trockenwiesen und fast alle Hochmoore. Die Tier- und Pflanzenwelt in diesen sensiblen Gebieten nimmt dabei irreversibel Schaden.
Ein Drittel aller Insekten in den letzten zehn Jahren verschwunden

Es ist unlängst bekannt, dass viele Insekten Schwierigkeiten haben, einen für sie optimalen Lebensraum zu finden. Eine neue Studie der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der Universität Bern zeigt nun auf, dass es rund ein Drittel weniger Insekten gibt, als noch vor zehn Jahren. Der stärkste Rückgang wurde in stark landwirtschaftlich genutzten Umgebungen verzeichnet. Dies zeigt einmal mehr auf, dass ein Wandel in der Landwirtschaft dringend notwendig ist, um die Biodiversität zukünftig zu erhalten.
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Je höher die Artenvielfalt, desto höher die Erträge in der Landwirtschaft

Die Natur bietet der Landwirtschaft viele Dienstleistungen, wie zum Beispiel Bestäubung und Schädlingsregulierung durch Insekten. Eine weltweit angelegte Studie, an welcher auch die Agroscope beteiligt war, zeigt auf, welchen Einfluss eine intakte Biodiversität auf die landwirtschaftlichen Erträge hat. Je höher die Artenvielfalt und je kleinstrukturierter die Agrarlandschaft gestaltet wird, desto grösser fallen die positiven Effekte der natürlichen Dienstleister, bzw. die landwirtschaftlichen Erträge aus.
Zum Bericht der Agroscope
Zur Originalstudie in englischer Sprache
Vielfalt an Lebensräumen für Nützlinge lebenswichtig

Längst ist bekannt, dass Bestäuber und Nützlinge in vielen Kulturen für eine reiche Ernte entscheidend sind. Genau in diesen landwirtschaftlichen Kulturen finden die Insekten und anderen Kleintiere jedoch oft nur über kurze Zeit genügend Nahrung. Intensiv genutzte Wiesen etwa verwandeln sich für Wildbienen und andere Bestäuber mit dem Mähen in blütenlose Wüsten. Dann sind sie auf Pollen und Nektar von Wildpflanzen aus artenreichen Lebensräumen angewiesen.
Eine Untersuchung von Agroscope zeigt nun erstmals genauer auf, welche Blütenpflanzen und Habitate für die Nützlinge und Kleinlebensräume besonders wichtig sind und daher für eine sichere Ernte zu fördern sind.
IPBES: Artenverlust ebenso gravierend wie Klimawandel

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES präsentiert diese Tage in Paris seine globale Analyse zum Zustand der Biodiversität. IPBES-Präsident Sir Robert Watson warnte zum Auftakt der Konferenz vor einem weltweiten Zusammenbruch der Artenvielfalt. Sie befinde sich in einer schwerwiegenden Notlage, bei der ein ebenso energisches Handeln nötig sei wie beim Klimawandel.
Die Nahrungsmittelproduktion belastet von allen menschlichen Tätigkeiten die Ökosysteme besonders stark. Die Landwirtschaft und die von ihr ausgehenden Bedrohungen der Biodiversität, beispielsweise durch Zerstörung von Lebensräumen oder durch die Vergiftung der Umwelt mit Pestiziden, werden deshalb ein zentrales Thema am IPBES-Gipfel sein.
Für einmal kann die Schweiz nicht mit dem Finger auf andere Länder und Kontinente zeigen. Gemäss OECD sind die Defizite im Bereich Biodiversität in der Schweiz besonders hoch, an vorderster Stelle bei der Landwirtschaft.
Der Wald bietet der Biodiversität Schutz

Wälder schützen Flora und Fauna vor den Auswirkungen der Klimaerwärmung, indem ihr Blätterdach die darunter lebenden Organismen vor allem vor grosser Hitze bewahrt. So sind die Temperaturen im Sommer im Wald etwa 4 Grad kühler als im Freien und im Winter sowie in der Nacht 1 Grad wärmer. Internationale WissenschaftlerInnen haben diese Temperaturunterschiede mit Messungen belegt. Sie fanden an 98 Standorten auf fünf Kontinenten statt – in den Tropen, in der gemässigten Zone und in den nördlichen borealen Wäldern. An der internationalen Studie beteiligte sich die eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
Das Blätterdach des Waldes mildert die Hitze deutlich. «Pflanzen und Tiere im Wald sind dem aktuellen Erwärmungstrend daher weniger stark ausgesetzt als Arten, die nicht im Wald leben», erklärt Florian Zellweger von der WSL in Birmensdorf. «Da Wälder ein Viertel der Erdoberfläche bedecken und zwei Drittel der gesamten Biodiversität beherbergen, macht dies einen grossen Unterschied bei Vorhersagen darüber, wie sich der Klimawandel auf die Naturvielfalt auswirken wird».
Zur Originalmeldung der Universität Gent (Englisch)
Zur Originalpublikation in Nature Ecology & Evolution (Englisch)
Bienen sind durch Pestizidmischungen bedroht

Ein Cocktail verschiedener Pestizide bedroht die Bienenvölker. Das bestätigt die Analyse von toten Bienen im letzten Jahr. Die Bienen waren von 10 bis über 20 verschiedenen Wirkstoffen belastet. Bisher weiss die Forschung noch viel zu wenig darüber wie das Gemisch von Pestiziden auf die Tiere wirkt. Das schreibt das Bienen-Beratungs- und Kompetenzzentrum Apiservice.
Fünfzehn Imker meldeten letztes Jahr in der Schweiz ein auffälliges Bienensterben. In vier Fällen bestätigten Laboranalysen eine akute Vergiftung. Verantwortlich hierfür waren die Insektizide Bifenthrin und Chlorpyrifos sowie die Biozide Fipronil und Permethrin. Diese Wirkstoffe werden in der Landwirtschaft breit eingesetzt. Marianne Tschuy, Fachspezialistin Bienengesundheit und Bienenvergiftungen, führt aus: «Da die Analysenmethoden ständig verbessert werden, können einerseits immer kleinere Mengen an Substanzen nachgewiesen werden.» Andererseits kenne man die langfristigen Auswirkungen von «Pestizidcocktails» auf die Bienenvölker noch kaum.
Trotz Millionen: Sorgenkind Biodiversität

Trotz staatlichen Millionenzahlungen für sogenannte «Biodiversitätsförderflächen» verschwinden immer mehr Arten aus dem Landwirtschaftsgebiet der Schweiz. Die Bundeshilfe gibt es eben nicht für Resultate, sondern für bestimmte Massnahmen, die aber oft nicht am richtigen Ort und nicht gezielt genug erbracht werden. Zudem sind bis heute die biodiversitätsschädigenden Subventionen viel höher als die Zahlungen zugunsten der Artenvielfalt. So hilft eine extensive Nutzung nichts, wenn gleichzeitig viel zu hoher Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft seltenere Arten flächendecken zum Verschwinden bringen.
In einem gut recherchierten Artikel dokumentiert die NZZ das Scheitern der Bemühungen um die Pflanzenvielfalt, basierend auf neue Zahlen von Agroscope. Brisant: Ende März wollen Natur- und Umweltverbände um Pro Natura eine «Biodiversitätsinitiative» lancieren.