Bei fehlender Kostenwahrheit wird wirtschaftliches Verhalten im Einklang mit gesellschaftlichen Zielen zum Schwimmen gegen den Strom – für Produzent:innen wie Konsument:innen
In der Agrarpolitik des Bundes wird die wichtige Rolle von Kostenwahrheit für eine effiziente und faire Landwirtschaft und Ernährung noch kaum anerkannt. In offiziellen Dokumenten gibt es kaum Überlegungen zur Verwirklichung des Verursacherprinzips und zur entsprechenden Anlastung der Kosten von Massnahmen.
Gemeinwirtschaftliche Leistungen werden zwar mit Direktzahlungen internalisiert. Für Massnahmen zur Verminderung von Umweltbelastungen gemäss Umwelt- und Gewässerschutzgesetz kommen aber ebenfalls die Steuerzahler:innen auf – im Widerspruch zu den Bestimmungen in der Verfassung (Art. 74 BV) und im Umwelt- (USG, Art. 2) und Gewässerschutzgesetz (GschG, Art. 3a). Als Folge davon haben zahlreiche Massnahmen der
Agrarpolitik unbeabsichtigte Nebenwirkungen und führen zu kostspieligen Zielkonflikten. Diese Situation ist weitgehend auf die fehlende Kostenwahrheit zurückzuführen. Weil die Landwirtschaft von wichtigen Entwicklungen in Richtung Kostenwahrheit (wie Mineralölsteuer, Schwerverkehrsabgabe, CO2-Gesetz) bisher ausgenommen wurde, ist der Handlungsbedarf in der Landwirtschaft grösser als in anderen Branchen.
News und Beiträge zum Thema
Projekt Kostenwahrheit beim Brot

Beim Thema Kostenwahrheit gibt es viele Chancen aber auch viele Unsicherheiten. Oft wird zwar über Methoden und mögliche Instrumente diskutiert, jedoch fehlen in der Schweiz konkrete Beispiele und Daten.
Dazu wollen wir mit einem Zusammenarbeitsprojekt zwischen E4S und Vision Landwirtschaft am konkreten Fallbeispiel zum Thema Brot etwas beitragen.
Die Schweizer Landwirtschaft kann und soll nicht wettbewerbsfähig sein!

Die Hochschule St. Gallen (HSG) hat den Grenzschutz für Gemüse und Obst untersucht. Gemäss der Studie werden einkommensschwache Haushalte durch die für Schweizer Gemüse verlangten Verkaufspreise zu stark belastet. Die Schweizer Landwirtschaft sei nicht wettbewerbsfähig, kritisieren die Forscher.
Sendung 10 vor 10 auf SRF, wo die Studie vorgestellt wird
Universität St. Gallen, Discussion Paper - Agricultural Protectionism
Grosses Medienecho in der Schweiz zu den Umweltpreisen des deutschen Discounters Penny

Eine Woche lang hat der deutsche Discounter Penny neun seiner mehr als 3000 Produkte mit einem bis zu 94 Prozent teureren «Umweltpreis» angeboten. Berechnet wurden diese «wahren Preise» von Wissenschaftlern der Universität Greifswald und der Technischen Hochschule Nürnberg.
Die Penny Aktion hat auch in den Schweizer Medien ein breites Medienecho ausgelöst. In einem Interview des Schweizer Bauer macht der Umweltökonom Felix Schläpfer auf das Systemversagen aufmerksam und kritisiert, dass nachhaltig wirtschaftende Betriebe praktisch gleich viele Direktzahlungen erhalten, wie nicht nachhaltige Betriebe. Viele Direktzahlungen, die der Umwelt schaden und den Wettbewerb verzerren, sollen darum abgebaut werden. Auch zeigt er mögliche politische Schritte auf, um der Kostenwahrheit bei Lebensmitteln näher zu kommen. So seien insbesondere die Eigentumsrechte im Sinne des Verursacherprinzips zu klären und die Umweltziele zu konkretisieren.
Die im Interview erwähnte Studie von Felix Schläpfer und Markus Ahmadi wurde noch unter dem Dach von Vision Landwirtschaft aufgegleist, aber am Ende unabhängig von Vision Landwirtschaft erarbeitet und publiziert.
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Kostenwahrheit schaffen

Der Verein True Cost Economy hat in Deutschland eine Petition lanciert, um die Mehrwertsteuer auf Biolebensmitteln von 7 und 19 Prozent auf null zu senken. Die aktuelle Preispolitik setze keine Anreize für nachhaltigen Konsum und den Ausbau des Biolandbaus, heisst es. Konventionelle Waren, die der Umwelt schaden, würden gleich besteuert wie das schonendere Bio. In der Schweiz mit 2.5 Prozent MwSt. auf Lebensmittel sind solche Diskussionen erst am Anlaufen.
Wer bezahlt für die Folgen unserer Ernährungsweise?
Unser Ernährungssystem ist für etwa ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Herstellung und der Konsum von Lebensmitteln erzeugen externe Kosten, die nicht bei der Preiskalkulation berücksichtigt werden. Dazu gehören Umweltzerstörung, Tierleid, Verlust der Biodiversität, Schäden für die Gesundheit und soziale Ungerechtigkeit. Um unser Ernährungssystem neu auszurichten, sind darum neue Massstäbe und Standards notwendig, die neben den Produktionskosten auch die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft berücksichtigen. Nur wenn allen Akteuren die wahren Kosten bewusst werden, können Anreize dort gesetzt werden, wo sie langfristig einen nachhaltigen Mehrwert generieren.
Weniger Subventionen für Fleisch und Milch?

In einem Beitrag in der Sendung «Forum» von Radio SRF verteidigt Jakob Lütolf, Vorstand Schweizer Bauernverband, den besonders hohen Fleischkonsum in der Schweiz. Vision Landwirtschaft verweist einmal mehr auf die Fehlanreize im Direktzahlungssystem und auf die daraus resultierende viel zu hohe Tierproduktion und die dadurch entstehenden Umweltschäden. Die Land- und Ernährungswirtschaft ist noch weit entfernt vom Verursacherprinzip und von Kostenwahrheit. Mit den heutigen Regelungen sind die offiziellen Ziele für eine umwelt- und klimaverträgliche Landwirtschaft und Ernährung nicht zu erreichen. Es braucht darum eine Neuausrichtung der Schweizer Ernährungswirtschaft.
Zum Radiobeitrag "Weniger Subventionen für Fleisch und Milch?"
Wie die Politik Ernährungsstile unterschiedlich fördert

Vision Landwirtschaft hat in einer Studie untersuchen lassen, wie die Politik sieben verschiedene Ernährungsstile – von «vegan» bis «fleischbetont» – indirekt unterstützt. Fazit: Die Nahrungsmittel der verschiedenen Ernährungsstile werden sehr ungleich unterstützt. Per Saldo werden mehrere hundert Franken pro Person und Jahr von «veganen» und «umweltoptimierten» zu «protein- und fleischbetonten» Ernährungsstilen umverteilt.
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Vegane Landwirtschaft – ein nachhaltiger Trend?

Radio SRF sucht im Rahmen eines Beitrages nach Antworten zu einer veganen Landwirtschaft und wie ökologisch diese wäre, wenn alle Schweizer Bauern aus der Fleischproduktion aussteigen würden. Die Sendung zeigt zudem auf, worauf Vision Landwirtschaft immer wieder hinweist: Die Tierbestände müssen deutlich reduziert werden und die staatliche Produktionslenkung setzt falsche Anreize. "Zur Sprache kommt auch eine Studie von Vision Landwirtschaft (15:20)." Das Problem ist auch nicht der Konsument, wie immer wieder behauptet wird, sondern das agrarpolitisches System, das die Preise zugunsten eines nicht nachhaltigen Konsums verzerrt und damit nachhaltiges Konsumverhalten systematisch behindert.
Diskussionspapier «Kostenwahrheit in Landwirtschaft und Ernährung»

Wie Vision Landwirtschaft vor einem halben Jahr in einer Studie aufgezeigt hat, ist die Schweizer Landwirtschaft und Ernährung weit entfernt von «Kostenwahrheit». Mit Blick auf Umweltrecht und Klimaziele wird das immer mehr zum Problem. Vision Landwirtschaft zeigt deshalb in einem neuen Papier auf, wie der Weg zu einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft im Sinne der offiziellen Klimaziele und weiterer Ziele des Bundes aussehen könnte. Der Umbau der Subventionen im Sinne des Verursacherprinzips und der Kostenwahrheit spielt dabei eine tragende Rolle.
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Kosten und Finanzierung der Schweizer Landwirtschaft

Analog zur Statistik «Kosten und Finanzierung des Verkehrs» des Bundes hat Vision Landwirtschaft in einer neuen Publikation erstmals die Vollkosten der Schweizer Landwirtschaft erfasst und nach transparenten Kriterien den Kostenträgern «Konsumenten», «Steuerzahlende» und «Allgemeinheit» zugeordnet. Die Ergebnisse sind für die anstehenden agrarpolitischen Entscheide brisant.
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Kosten und Finanzierung der Schweizer Landwirtschaft NL

(VL) Wer soll die Kosten der Produktion von Gütern und Dienstleistungen tragen? Grundsätzlich ist die Antwort klar und weitherum anerkannt: Zahlen soll, wer die Kosten verursacht. Wenn dies der Fall ist, liegt «Kostenwahrheit» vor. In der Landwirtschaft und Ernährung wird dieses Prinzip heute auf den Kopf gestellt. Um-weltschädigende Produktionsweisen und Konsummuster werden vom Staat massiv begünstigt. Nicht nachhaltig produzierte Güter werden so viel zu günstig, nachhaltige zu teuer. Das Problem ist also nicht der Konsument, der nicht bereit ist, für nachhaltige Nahrungsmittel deutlich mehr zu bezahlen, sondern ein agrarpolitisches System, das die Preise zugunsten eines nicht nachhaltigen Konsums verzerrt und damit nachhaltiges Konsumverhalten systematisch behindert. In einer neuen Studie von Vision Landwirtschaft wird der Umfang dieser Verzerrungen erstmals quantifiziert. Um die agrarpolitischen Ziele im Bereich Umwelt und Ernährungssicherheit zu erreichen, wird es unumgänglich sein, das heutige System grundlegend neu auf Kostenwahrheit auszurichten.
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