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SECO-STUDIEN / KOMMENTAR 20.3. 2019

Interessante Ergebnisse, aber fehlende Einordnung

Interessante Ergebnisse, aber fehlende Einordnung

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat Ende Februar 2019 fünf Auftragsstudien zum Thema «Vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufen der Landwirtschaft» publiziert. Was in den Studien zu kurz kommt, ist die Einordnung der Resultate in Bezug auf die aktuelle Agrarpolitik und andere Studien. Die letzte Nummer der Seco-Zeitschrift «Die Volkswirtschaft» mit dem Schwerpunktthema «Rund um die Landwirtschaft» füllt dieses Manko leider auch nicht. Entsprechend werden die Resultate beispielsweise in der Bauernzeitung gemäss eigenen Interessen interpretiert.

Vision Landwirtschaft hat die Seco-Studien genauer unter die Lupe genommen. Hier die agrarpolitisch wichtigsten Resultate und der Kommentar aus Sicht von Vision Landwirtschaft (letzterer jeweils in fetter Schrift):

1)    Von der hohen Stützung der Landwirtschaft profitieren auch die vor- und nachgelagerten Branchen. Das heisst vor allem auch, dass die Landwirtschaft gezielter gestützt werden könnte.

2)    Auswirkungen von Marktmacht der vor- und nachgelagerten Branchen auf Preise und Margen sind kaum nachweisbar. Demgegenüber können die Produzentenverbände Mengen und Preise weitgehend als Monopolisten festlegen, solange die Produktion den Inlandkonsum nicht übersteigt.

3)    Bei Produkten mit hohem Verarbeitungsgrad ist der Anteil der Landwirtschaft an der Preisdifferenz zum Ausland (logischerweise) gering. Was nicht erwähnt wird: Bei den untersuchten Produkten Brot, Joghurt und Rohschinken ist der Anteil der Produzentenpreise am Konsumentenpreis in der Schweiz deutlich höher als in den umliegenden Ländern.

4)    Vorleistungen, welche die Landwirte für ihre Produktion zukaufen, wie Futtermittel und Dünger, sind über 20% teurer als in den Nachbarländern. Die Schweizer Produzentenpreise sind aber im Mittel etwa 50% höher als im Ausland. Die in der Bauernzeitung formulierte These einer «Landwirtschaft zwischen Hammer und Amboss» ist also weit hergeholt. Umso mehr, als die Direktzahlungen in der Schweiz mehr als fünfmal so hoch sind wie in den umliegenden Ländern.

5)    Die hohe Stützung erhöht die Nachfrage nach Vorleistungen (wie Dünger und Futtermittel) und führt damit zu einer intensiven landwirtschaftlichen Produktion. Diese ist im hohen Mass auch umweltschädlich.

6)     Die Wertschöpfung in der Schweizer Landwirtschaft sei ähnlich hoch wie im umliegenden Ausland. Das lässt ausser acht, dass der geltende Grenzschutz für landwirtschaftliche Produkte die Inlandpreise verzerrt. Wenn dies berücksichtigt wird, ist die Wertschöpfung der Schweizer Landwirtschaft im Vergleich zu den Nachbarländern viel tiefer.

Zusammenfassend ergibt sich: Die Wertschöpfung der Schweizer Landwirtschaft ist tief und viel geringer als gemeinhin angenommen. Der Grund dafür sind aber nicht hohe Margen der vor- und nachgelagerten Branchen oder überhöhte Preise der Vorleistungen. Der Grund liegt vielmehr in der viel zu kostenintensiven Produktion, darunter den hohen Mengen an zugekauften Vorleistungen, die auch noch ineffizient eingesetzt werden (z.B. Kraftfutter für die Milchproduktion). 

Wichtige Studien zum Thema wurden zudem nicht einbezogen: Beispielsweise schätzte eine vom Bundesamt für Landwirtschaft BLW in Auftrag gegebene OECD-Studie Ende 2017, dass drei Viertel der 3.3 Milliarden Franken Marktstützung nicht der Landwirtschaft, sondern den vor- und nachgelagerten Branchen zugute kommen. Diese wohl wichtigste Studie zum Thema wird im zusammenfassenden Artikel in der letzten  Nummer der Seco-Zeitschrift «Die Volkswirtschaft» mit dem Schwerpunktthema «Rund um die Landwirtschaft» wie auch in den weiteren Artikeln nicht einmal erwähnt.

Inhaltsangaben und Anmerkungen zu den einzelnen Studien sind hier zusammengestellt.

>> Zu den Seco-Studien
>> Zur Seco-Zeitschrift «Die Volkswirtschaft» mit dem Schwerpunktthema «Rund um die Landwirtschaft»